• „Transfer 1000“: Studie zum Wissenschaftstransfer

Transferaktivitäten und Forschung konkurrieren nicht miteinander. Im Gegenteil: Je aktiver Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einem Transferbereich sind, desto aktiver sind sie in anderen Bereichen – auch in der Wissenschaft. Das ist eines der Kernergebnisse der Studie „Transfer 1000“, die die Technische Universität Berlin (TU Berlin) zusammen mit dem Fraunhofer IAO Center for Responsible Research and Innovation (CeRRI) und dem Meinungsforschungsunternehmen Forsa durchgeführt hat.

Ziel der Studie war es, herauszufinden, wie der Transfer von der Wissenschaft in die Praxis gelingen kann. Dazu sollte die bisher fehlende Bottom-up-Perspektive transferaktiver Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erfasst werden – um damit die Top-down-Perspektive an deutschen Forschungsorganisationen zu ergänzen.

In der quantitativen Erhebung wurden im Sommer 2022 mehr als 1.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zum Stellenwert von Transfer, Transferaktivitäten, Transfermotivationen und ihrem institutionellen Transferumfeld befragt. Die Studie ergab: Der Wunsch, mit der eigenen Forschung eine Wirkung zu erzielen, ist für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der stärkste Antrieb für aktiven Transfer. 85 Prozent der Befragten an Universitäten und Forschungseinrichtungen schätzten dabei ihre Arbeit als gesellschaftlich relevant ein. 79 Prozent waren der Meinung, dass Wissenschaft gesellschaftliche Verantwortung übernehmen sollte.

Größere Transferaktivitäten mit Politik, Gesellschaft und Wirtschaft sind allerdings nach wie vor auf wenige, dafür besonders aktive Personen in der Wissenschaft beschränkt. Und das, obwohl mehr als die Hälfte aller Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bereits soziale Medien beruflich nutzen und an öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen teilnehmen. „Es gibt also schon ein breites Engagement, aber auf niedrigem Niveau“, resümiert Prof. Dr. Martina Schraudner, Leiterin des Fachgebiets „Gender und Diversity in der Technik und Produktentwicklung“ an der TU Berlin und des Fraunhofer Center for Responsible Research and Innovation am Fraunhofer IAO. Einen wesentlichen Grund dafür sieht sie in geringer Unterstützung durch das Umfeld. „Unsere Untersuchung ergeben, dass insgesamt von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Unterstützungsmaßnahmen, Anreizsysteme und die Wertschätzung für jede Art des Transfers als eher schlecht bewertet werden.“ In England, Australien, Neuseeland, Kanada und auch Hongkong sei man hier schon viel weiter. „Speziell erleben sie die Unterstützung durch Anlaufstellen, Programme, Netzwerkangebote, Trainings- und Weiterbildungsangebote, zeitliche und personelle Ressourcen sowie ihre Vorgesetzten mehrheitlich als schlecht. Zudem nutzen Forschungsorganisationen Anreizsysteme für Transfer durch finanzielle Prämien oder Karrierevorteile kaum.“

Besonders transferaktiv sind laut der Studie übrigens Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Altersgruppe 45 bis 59 mit Lehrstuhl und Führungsverantwortung. Nicht überraschend: Anwendungsorientiert Forschende sind beim Austausch mit der Wirtschaft besonders aktiv. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an außeruniversitären Organisationen tauschen sich intensiver mit Politik, Gesellschaft und der Wirtschaft aus als ihre Kolleginnen und Kollegen an Hochschulen.

Eines der wichtigsten Ergebnisse der Studie: Transfer als dritte Kernfunktion des Wissenschaftssystems beeinträchtigt die beiden anderen Kernfunktionen Forschung und Lehre nicht. Er stärkt sie sogar. (vdo)

Studie „Transfer 1000“ (Download)

Prof. Dr. Martina Schraudner, Leiterin des Fachgebiets „Gender und Diversity in der Technik und Produktentwicklung“ an der TU Berlin und des Fraunhofer Center for Responsible Research and Innovation am Fraunhofer IAO ist Wissenschaftliche Leiterin des Projekts „Transfer 1000“. (© Fraunhofer-Gesellschaft)

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