• Projektion: Was ist Open Science?

    Open Access: freies Wissen für alle

Forschungsergebnisse schnell und einfach zugänglich im Netz: Die Open-Access-Bewegung wirbt für einen Paradigmenwechsel im Publikationswesen und erhält dabei weltweit immer größeren Zuspruch von Politik und Wissenschaft. Die Brain City Berlin nimmt hier eine Vorreiterrolle ein. Bereits 2015 verabschiedete der Berliner Senat eine Open-Access-Strategie. Die übergeordnete Vision heißt Open Science: eine Wissenschaft, an der weltweit jeder teilhaben kann.

„Open Science ermöglicht es den Menschen, an der Wissenschaft teilzunehmen. Sie können nicht nur wissenschaftliche Ergebnisse einsehen, sondern auch aktiv teilhaben am wissenschaftlichen Geschehen und Wissenschaft auf dieses Weise mitformen“, sagt Dr. Luiza Bengtsson, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Kommunikationsabteilung am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) in Berlin. „Das ist sehr wichtig. Denn in unserer heutigen Welt müssen wir alle zusammenarbeiten, um den Herausforderungen unserer Zeit wie dem Klimawandel oder globaler Gesundheit begegnen zu können.“ Für ihre Kollegin Dr. Emma Anne Harris, Training Developer für das Europäische ORION Open Science Projekt am MDC, bedeutet Open Science vor allem die Zugänglichkeit von Wissen. „Das heißt für mich zum einen, dass die Öffentlichkeit Zugang haben kann zu Forschungsergebnissen, die von Wissenschaftler*innen erhoben wurden. Zum anderen, dass die Wissenschaftsgemeinschaft interdisziplinären Einblick erhält in die Forschung anderer Bereiche.“

Die Berliner Open-Access-Strategie

An der Umsetzung dieses sogenannte Open Access, einer Voraussetzung für Open Science, wird in Berlin bereits seit einigen Jahren gearbeitet. Und das mit wachsendem Erfolg. Im Oktober 2015 verabschiedete das Berliner Abgeordnetenhaus eine Open-Access-Strategie für die Hauptstadt. Diese definiert den Begriff Open Access als den unentgeltlichen, digitalen Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen. Es geht dabei um die umfassende Nutzbarkeit von Forschungsergebnissen, Metadaten, Quellenmaterial und digitalem bildlichen, grafischen und multimedialen Material, die mit öffentlichen Mitteln geschaffen wurden. Dazu zählt auch das digitale kulturellen Erbe.

Zielsetzung der Open-Access-Strategie des Berliner Senats: Bis 2020 sollen rund zwei Drittel der Forschungsergebnisse sämtlicher wissenschaftlicher Einrichtungen Berlins im Netz öffentlich zugänglich sein. Bis 2017 wurden in Berlin bereits 38 Prozent der wissenschaftlichen Zeitschriften im Open Access veröffentlicht. Tendenz steigend, so ein Ergebnisbericht der Arbeitsgruppe Open-Access-Strategie Berlin aus dem vergangenen Jahr. Bundesweit liegt die Quote nach einer Studie der Europäischen Kommission bei rund 40 Prozent.

Noch steht die Entwicklung am Anfang. Um das Unterfangen mit Tatkraft voran zu bringen, wurde das Open Access Büro Berlin ins Leben gerufen, das 2016 seine Arbeit aufgenommen hat und in seiner Form einmalig ist. Es agiert als Vernetzer der Berliner Institutionen und vermittelt wichtige Open-Access-Expertise für den Aufbau von Kooperationen und dahinterliegenden Strukturen. Dies geschieht vor allem durch Workshops und Arbeitsgruppen, in denen sich die Verantwortlichen der verschiedenen Hochschulen austauschen und zusammenschließen. So etwa der Arbeitskreis der Berliner Open-Access-Beauftragten, in dem sich die Verantwortlichen von mittlerweile 14 Berliner Hochschulen zusammenfinden.

Frische Impulse für Berlin

Die Vorteile des Open Access liegen auf der Hand: Wenn Wissen zum freien Gut für alle wird, profitiert davon auch die Qualität der Wissenschaft. Die Strukturen werden offener, Interdisziplinarität gefördert. Und auch der Wissenstransfer zwischen Forschungseinrichtungen und der Öffentlichkeit vereinfacht sich. Neue Forschungsansätze entstehen und der Bevölkerung eröffnen sich neue Möglichkeiten, sich am wissenschaftlichen Prozess zu beteiligen. So erhalten Forschung und Entwicklung frische Impulse. In der Brain City Berlin ist dies bereits vielerorts zu beobachten. Das bestätigt auch Dr. Luiza Bengtsson. „Es gibt in Berlin inzwischen eine sehr aktive und äußerst vielfältige Open-Science-Szene. Neben Großveranstaltungen und Workshops wie dem Open-Science-Campus, der 2019 im Rahmen der Berlin Science Week im Museum für Naturkunde Berlin stattfand, existieren hier auch viele Grassroots-Initiativen“, so Dr. Luiza Bengtsson.

Die größte Veranstaltung in Berlin zum Thema Open Science ist die vom 11. bis zum 12. März 2020 stattfindende siebte international Open Science Conference des Leibniz-Forschungsverbundes Open Science. Sie bietet ein einzigartiges Forum für Forschende, Entscheidungsträger*innen aus Politik und Wissenschaft sowie anderen wichtigen Interessengruppen, um sich über aktuelle und zukünftige Entwicklungen in dem Bereich zu informieren und auszutauschen. Am 10. März 2020 findet das zugehörige Barcamp Open Science statt.

Noch ist Open Science im Vergleich zu Open Access ein Zukunftsthema. Sie  könnte allerdings bald Wirklichkeit werden  Dr. Maike Weißpflug, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Museum für Naturkunde Berlin: „Meine Vision ist, dass Open Science zu einem alltäglicher Aspekt unseres wissenschaftlichen Handelns werden und damit ganz normal sein wird. Die Hauptstadt bietet ein sehr lebendiges Umfeld dafür. Berlin ist wirklich ein idealer Ort für Open Science.“ (vdo)

Open Access: Worum geht’s?

Der Grundgedanke von Open Access ist einleuchtend: Wissenschaftliche Publikationen und digitalisiertes kulturelles Erbe sollen der Öffentlichkeit im Internet frei zugänglich gemacht werden: kostenlos und möglichst frei von technischen und rechtlichen Barrieren. Auch geht es um bestmöglichen Aufmerksamkeit für die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung, eine Erhöhung der Geschwindigkeit von Veröffentlichung und Zugriff und damit der Möglichkeiten zur Weiternutzung des Wissens. Transparenz und Qualitätssicherung sind weitere Aspekte. Die Berlin Declaration of Open Access to Knowledge in Sciences and Humanites von 2003 gilt als ein Meilenstein der Open-Access-Bewegung. Mittlerweile haben mehr als 600 Institutionen aus aller Welt die Erklärung unterzeichnet.

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