• MACHT NATUR – eine Ausstellung, die Fragen stellt

Bioökonomie findet sich heute in den verschiedensten Bereichen unseres Lebens. Die Ausstellung MACHT NATUR im Berliner STATE Studio thematisiert das Unbehagen, das viele von uns angesichts des Eingriffs des Menschen in die Natur erfassen mag. Sie ist ein Mitmachlabor zum Anfassen und Experimentieren, das aber auch zum Nachdenken und Diskutieren anregt.

Himbeeraroma aus Bakterien, Autoreifen aus Löwenzahn oder Marienkäfer-Antibiotika, Baustoffe aus Pilzen: Bioökonomie berührt inzwischen nahezu alle Bereiche unseres Lebens. Denn angesichts globaler Herausforderungen wie Klimawandel, Artensterben und Überbevölkerung und der damit einhergehenden Verknappung von Ressourcen und Nutzflächen sucht die Wissenschaft nach neuen Strategien und Lösungen für eine nachhaltige Wirtschaft. Vor allem geht es darum, künftig möglichst keine fossilen Rohstoffe mehr zu nutzen. Bioökonomie verfolgt einen solchen Ansatz: Algen, Bakterien und andere Mikroorganismen werden eingesetzt, um Produkte und Materialien biobasiert herzustellen. Die Grenzen zwischen Mensch, Natur und Technik verschwimmen dabei ebenso wie sich unsere Vorstellungen, Lebensstile und Ansprüche wandeln.

©Anne Freitag

Beispiele aus der Forschung in Szenarien übersetzt

Die Ausstellung „MACHT NATUR“, die vom 13. August bis 12. September 2020 im Berliner STATE Studio in der Hauptstraße gezeigt wird, lädt die Besucher*innen dazu ein, ihren eigenen Standpunkt zu den Innovationen, Potenzialen und Risiken der Bioökonomie zu finden. Ausgangspunkt ist das Gefühl des Unbehagens gegenüber dem Eingriff des Menschen in die Natur. Der Titel spielt bewusst mit Mehrdeutigkeit, denn die Natur besitzt nicht nur Macht über uns, sie „macht“ in diesem Falle auch, sprich: sie produziert und entfaltet nachhaltige Wirkung. Und auch der Mensch übt Macht über die Natur aus.

Inhaltlich präsentiert die Ausstellung die Ergebnisse aus neun Workshops, die 2019 im Rahmen eines dreijährigen Forschungsprojekts der Universität der Künste Berlin (UdK) realisiert wurden. Eigens für das Projekt „Farming the Uncanny Valley“ wurden Orte im ländlichen und städtischen Raum ausgewählt und inszeniert, um Widersprüche zwischen dem Verständnis und dem Umgang des Menschen mit der Natur aufzudecken. Beispiele aus der aktuellen Biotechnik-Forschung wurden in verschiedene Szenerien übersetzt. Es ging darum, ein zukünftiges Leben mit Bioökonomie unter verschiedenen Aspekten erfahrbar und diskutierbar zu machen.

Ein Beispiel für ein solches Szenarium: In einer ehemaligen Industriehalle wurden sogenannte „Industriehummeln“ präsentiert, die zur Bestäubung in Gewächshäusern eingesetzt werden. Teilnehmer*innen des Workshops wurden einzeln in den Raum geführt und anschließend gebeten, ihre Emotionen und Gedanken zu reflektieren. Im Laufe des Workshops wurde erläutert, dass die Zuchthummeln nach der Bestäubung meist getötet werden, damit sie sich nicht mit frei lebenden Hummeln mischen und paaren.

©Stefan Schwabe

Entdeckungsreise durch vier Themenbereiche

Konzeptionell versteht sich die Ausstellung als ein lebendiges Labor, das zum Mitmachen und Anfassen und Experimentieren – aber auch zum Nachdenken und Diskutieren anregt. Die Besucher*innen bewegen sich auf knapp 300 Quadratmetern durch vier Themenbereiche: Insekten, Pflanzen, Boden und Luft. Vorbei an Hydrokulturpflanzen und Gewächshäusern, durch Moskitonetze und Nebelschwaden. Begehbare Installationen machen die Workshop-Orte erlebbar. Anhand von Kurzfilmen, Alltagsbeispielen und Zukunftsbildern können Besucher*innen spielerisch in unterschiedliche Sichtweisen eintauchen. 

„Wir laden die Besucher*innen dazu ein, auch ihre Gedanken zu den Aussagen und den Gesprächen der Teilnehmer in den Workshops zu lassen“, so der Designer Jannis Hülsen, der zusammen mit seinem Partner Stefan Schwabe die Ausstellung als Teil ihres Forschungsprojekts konzipiert und umgesetzt hat. „Unser Ziel ist es, mit diesen Ergebnissen in den Austausch mit Wissenschaftler*innen und politischen Entscheidungsträger*innen zu gehen und langfristig diesen Dialog zu verstetigen – auch lokal.“ Mehr über die Ausstellung erzählt Jannis Hülsen im 3. LNDW-Podcast.  

MACHT NATUR findet im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und Wissenschaft im Dialog (WiD) initiierten Wissenschaftsjahres Bioökonomie statt. Ein interdisziplinäres Team aus den Bereichen Design, Kunst, Sozialwissenschaften und Naturwissenschaften realisierte die Ausstellung. „Farming the Uncanny Valley“ ist ein Projekt der Universität der Künste in Zusammenarbeit mit Fraunhofer Umsicht, STATE Studio, und YOU.SE. Es wird durch das BMBF gefördert. (vdo)

Weiterführende Informationen

Ausstellung MACHT NATUR

13. August bis 12. September 2020

STATE Studio, Hauptstraße 3, 10827 Berlin

Öffnungszeiten:
Dienstag bis Freitag 12 bis 19 Uhr
Samstag/Sonntag 12- 17 Uhr

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