• airpuls: 5-G-Lösungen aus der Forschung

Ein Zeitungsinterview gab den Anstoß zur Gründung des Start-ups airpuls. Das Unternehmen, zu dessen Gründern drei Wissenschaftler des Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut (HHI) gehören, bietet maßgeschneiderte offene 5G-Lösungen für private 5G-Mobilfunknetze an, die in der Industrie, aber auch in Forschung und Lehre zum Einsatz kommen können. Was das 2020 gegründete Start-up besonders macht, welche Herausforderungen das vierköpfige Gründungsteam zu bewältigen hatte und warum die Brain City Berlin ein guter Standort für wissenschaftliche Ausgründungen ist, erzählt Prof. Dr.-Ing. habil. Slawomir Stanczak, Abteilungsleiter Drahtlose Kommunikation und Netze, Forschung am HHI, Professor für Netzwerktheorie an der TU Berlin und Gründer von airpuls.

Herr Prof. Dr. Stanczak „Private 5G for everyone” lautet der Slogan von airpuls. Das klingt für Außenstehende etwas abstrakt. Was genau macht Ihr Unternehmen? 

Das ist natürlich etwas überspitzt formuliert, denn nicht jeder darf ein privates 5G-Mobilfunknetz betreiben. Man braucht Lizenzen für die Nutzung von Funkfrequenzen zwischen 3,7 und 3,8 Gigahertz. Mit dem Slogan meinen wir, dass unsere Lösungen kosteneffektiv und auf die Bedürfnisse potenzieller Anwender von 5G-Campusnetzen zugeschnitten sind. Mit anderen Worten: Jedes Unternehmen oder jede Einrichtung kann sich mit unserer Unterstützung ein individuell angepasstes 5G-Campusnetz leisten. Als „5G-Campusnetz“ werden in Deutschland private 5G-Mobilfunknetze bezeichnet. 

Was ist das Besondere an den Services von airpuls?

Als Geschäftsidee verfolgen wir das Ziel, ausgewählte Open-Source-Lösungen und neueste Erkenntnisse im Funkzugangsbereich auf branchenspezifische Anforderungen und Einsatzszenarien von privaten Mobilfunknetzen anzupassen – insbesondere industrieller 5G-Campusnetze. 5G-Campusnetze ermöglichen wichtige neue industrielle Anwendungen wie das teleoperierte Fahren in Betriebshöfen oder Parkhäusern. Sie können auch auf Baustellen zur Deckung des erhöhten Kommunikationsbedarfs oder zur Vernetzung fahrerloser Transportfahrzeuge in Produktionsstätten eingesetzt werden. Unsere Anwendungen bieten wir allein oder in Kooperation mit anderen Netzausrüstern als Teil einer Gesamtlösung an. Die Produkte von airpuls werden im Rahmen eines sich derzeit in Deutschland etablierenden Open RAN-Ökosystems (RAN = Radio Access Network) einsetzbar sein, also innerhalb eines offenen Funkzugangsnetzes. Unser Fokus liegt dabei auf spezifischen Modulen eines offenen Funkzugangsnetzes. In Deutschland gibt es zurzeit kaum vergleichbare Unternehmen.

Wie entstand die Geschäftsidee? 

In Deutschland und Europa gibt es nach wie vor nur eine kleine Anzahl von Anbietern für RAN-Lösungen in offenen 5G-Campusnetzen. Dies liegt vor allem an der extrem hohen Komplexität und den spezifischen technischen Anforderungen dieser Technologie. Diese Herausforderungen erfordern ein hohes Maß an Fachwissen und technologischer Kompetenz. Unsere vier Gründer haben auf diesem Gebiet langjährige Berufserfahrung. Außerdem werden in Campusnetzen benötige Dienste und spezielle Anforderungen bisher nur unzureichend bedient. Dadurch entsteht eine Marktlücke, in die airpuls mit neuartigen Open RAN-Lösungen vorstößt. Wir setzen dabei vollständig auf Open-Source-Anwendungen und bringen diese zur Produktreife, einschließlich des erforderlichen Kundendienstes. airpuls übernimmt damit die Rolle eines Systemintegrators, der Open-Source-Lösungen professionell und kommerziell verfügbar macht. Darüber hinaus werden wir branchenspezifische Open-Source-Anwendungen für ausgewählte RAN-Module und -funktionen entwickeln.

Das Team von airplus setzt sich zusammen aus Wissenschaftlern des HHI und einem gestandenen Unternehmer. Wie haben Sie zusammengefunden ­– und wie sind die Aufgaben innerhalb des Teams verteilt?  

Das ist eine kuriose Geschichte: Ich gab ein Interview für eine Zeitung und der Journalist fragte mich, was ich in meinem Leben noch erreichen möchte. Ich antwortete, dass ich gern ein Unternehmen gründen würde. Ich hätte eine gute Idee, aber ich wüsste nicht, wie ich sie umsetzen könnte. Günther Bräutigam, selbst Ingenieur und zu diesem Zeitpunkt gerade aus dem Unternehmen ausgeschieden, das er gegründet und jahrzehntelang geleitet hatte, las das Interview. Er rief mich an und schlug mir am Telefon vor, die Firma gemeinsam an den Start zu bringen. Ich war sofort einverstanden, denn er wusste genau, wie man ein Unternehmen aufbaut und führt. Ich fragte noch zwei andere Kollegen vom Heinrich-Hertz-Institut, Dr. Martin Kasparick und Dr. Renato Cavalcante. Und dann haben wir uns zu viert zusammengesetzt und die Geschäftsidee ausgearbeitet. Mittlerweile ist das Team natürlich über die vier Gründungsmitglieder hinausgewachsen. 

Welches waren die bisher größten Herausforderungen bei der Gründung von airpuls?

Zu Beginn erwiesen sich einige administrative Hürden als große Herausforderungen. Auch geeignete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden, ist nicht leicht.  Ebenso wie das Unternehmen organisch wachsen zu lassen – ohne wesentliche Teile an Investoren zu verkaufen. 

Wie haben Sie das Start-up bisher finanziert? 

Innovative und effiziente Lösungen anzubieten, die den strengen Standards und Sicherheitsanforderungen entsprechen, erfordert erhebliche Investitionen in Forschung und Entwicklung. Unsere Finanzierung stützt sich auf private und öffentliche Mittel sowie auf die Einnahmen aus dem Verkauf unserer Produkte. Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang ist die Förderung durch die StartUpConnect-Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF).

Aus welchen Bereichen kommen Ihre Kunden? 

Bisher haben wir vor allem Kunden aus dem Forschungsbereich, aber wir realisieren auch erste Projekte in der Industrie, zum Beispiel mit einem Stahlunternehmen. Unsere Zielgruppe sind kleine und mittlere Unternehmen (KMU) aus verschiedenen Branchen, etwa aus der Produktion und Logistik. Aber auch eine Vielzahl von Institutionen und Organisationen gehören dazu, wie Krankenhäuser, Behörden, Universitäten und Forschungseinrichtungen.

Wie bringen Sie die Tätigkeit für airpuls mit ihrer wissenschaftlichen Arbeit am HHI und der TU Berlin unter einen Hut?

Für airpuls arbeite ich in meiner Freizeit, wobei meine Rolle hauptsächlich beratend ist. Die Grenzen zwischen Freizeit und Arbeit sind bei mir während der Woche sehr fließend, daher kann ich schwer abschätzen, wie viel Zeit ich tatsächlich für die Firma aufwende. Viele der Tätigkeiten, die ich bei airpuls, dem HHI und der TU Berlin ausübe, empfinde ich nicht als Arbeit im herkömmlichen Sinne. Sie sind vielmehr zu einem integralen Bestandteil meines Lebens geworden.

Warum ist Berlin ein guter Standort für Start-ups mit wissenschaftlichem Hintergrund?  

Berlin gilt als Weltstadt der Wissenschaft, Kultur, Medien und Politik. Berlin ist faszinierend, bunt, vielfältig, offen und vor allem atemberaubend. Berlin ist eine der attraktivsten Städte der Welt, und das zieht die besten Köpfe an. Wir haben drei große Universitäten und zahlreiche Forschungseinrichtungen. Außerdem gibt es hier eine enge Vernetzung zwischen Forschung, Wirtschaft und der internationalen Start-up-Szene.

Welche Eigenschaften sollten Gründende mitbringen, um aus der Wissenschaft heraus erfolgreich ein Start-up auf den Weg zu bringen? 

Da ich noch relativ neu in diesem Bereich bin, erweitere ich meine Kenntnisse und Erfahrungen laufend. Ich freue mich darauf, in Zukunft fundierte Ratschläge geben zu können, sobald ich mich weiter eingearbeitet habe.

Welche Vision haben Sie für airpuls – und wo soll das Unternehmen in fünf Jahren stehen?

Unsere Mission ist es, aktuellste Forschungsergebnisse im Bereich der Funkkommunikation in die Praxis zu bringen. airpuls soll professionelle Soft- und Hardwareprodukte entwickeln sowie vielversprechende Konzepte aus der Forschung im Kontext von Open RAN und Campusnetzen umsetzen. Unser Ziel ist es, ein nachhaltiges Unternehmen in Berlin zu etablieren, das sich auf den Mobilfunk- und Campusnetzwerkmarkt spezialisiert. Ich hoffe, dass wir in fünf Jahren auf viele erfolgreiche Campusnetzprojekte in verschiedenen Unternehmen zurückblicken können. (vdo)

airpuls.de

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