• Wendewürfel mit den Worten "Fact/Fake"; Brain City Berlin

    Fake News: Wer fällt warum darauf rein?

In manipulativer Absicht erstellte Falschmeldungen verbreiten sich heute rasend schnell über das Internet, insbesondere über die Sozialen Medien. Forschende des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in der Brain City Berlin haben in einer Metaanalyse untersucht, wer besonders anfällig für online gestreute Fake News ist und warum. Mit überraschenden Ergebnissen.

Fehl- und Desinformation listet das Weltwirtschaftsforum (WEF) in seinem „Global Risks Report 2024 als das Top-Risiko der Jahre 2025/2026.  Mehr als 1.400 befragte Fachleute und Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft befürchten demnach, dass Fake News – verstärkt durch KI-generierte Inhalte – das Vertrauen in Institutionen weiter schwächen und die gesellschaftliche und politische Spaltung weltweit vorantreiben werden. Mit dramatischen Folgen. Doch trotz umfangreicher Forschung war bisher weitgehend unklar, wer besonders anfällig für Online-Fehlinformationen ist und warum. Forschende des Berliner Max-Planck-Institut (MPI) für Bildungsforschung haben dies jetzt im Rahmen einer Metaanalyse untersucht.

„Es gibt derzeit eine Flut an Forschung zu Fehlinformationen, aber bei der Menge an Arbeiten wird es zunehmend schwieriger, die Zusammenhänge zwischen verschiedenen Faktoren zu erkennen“, so Hauptautor Mubashir Sultan, Doktorand am Forschungsbereich „Adaptive Rationalität“ des MPI für Bildungsforschung. Gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen wertete er die Rohdaten von 31 US-Studien aus. Die Forschenden betrachteten dabei demografische Faktoren wie Bildung, Alter, Geschlecht und politische Identität ebenso wie psychologische – analytisches Denken, parteiische Verzerrung, motivierte Reflexion und die Vertrautheit der Befragten mit Nachrichten. Sultan: „Im Gegensatz zu traditionellen Metaanalysen, die nur Effektstärken aus früheren Studien betrachten, erlaubt dieser Ansatz die Arbeit mit individuellen Daten aus jeder Studie, wodurch die Analyse wesentlich aussagekräftiger wird.“

Hauptergebnisse der Metaanalyse

  • Bildung: Die Höhe des Bildungsabschlusses der Teilnehmenden hatte keinen signifikanten Einfluss auf die Fähigkeit, zwischen wahren und falschen Informationen zu unterscheiden. Dies widerspricht der weit verbreiteten Annahme, dass höher gebildete Personen weniger anfällig für Fehlinformationen seien, insbesondere weil höhere Bildung kritisches Denken fördere.
     
  • Alter: Ältere Erwachsene werden häufiger als anfälliger für Fake News dargestellt. Die Analyse zeigte jedoch, dass sie wahre von falschen Schlagzeilen besser als jüngere Erwachsene unterscheiden konnten. Paradoxerweise, so das Team des MPI, habe die bisherige Forschung wiederholt gezeigt, dass sich ältere Erwachsene häufiger mit Fehlinformationen beschäftigen und diese online teilen.
     
  • Analytisches Denken: Personen mit höheren analytischen Denkfähigkeiten konnten wahre und falsche Nachrichten besser von realen unterscheiden als andere. Sie konnten zum Beispiel Informationen logischer bewerten und Muster besser erkennen. Insgesamt erwiesen sie sich als skeptischer.
     
  • Parteiische Verzerrung: Teilnehmende hielten Nachrichten, die ihrer politischen Identität entsprachen, eher für wahr und lehnten Nachrichten ab, die nicht mit ihrer politischen Identität übereinstimmten. Personen mit höheren analytischen Denkfähigkeiten zeigten dabei eine stärkere parteiische Verzerrung. Bei diesem als „Motivierte Reflexion“ bekannten kognitivem Prozess arbeitet das analytische Denken gegen die eigene Urteilsfähigkeit, um bestehende Überzeugungen, Werte oder politische Zugehörigkeiten zu schützen.
     
  • Vertrautheit: Der Einfluss der Vertrautheit erwies sich als der stärkste in der Metaanalyse herausgefilterte Effekt: Wenn Teilnehmende angaben, eine Nachrichtenschlagzeile bereits gesehen zu haben, hielten sie eher für wahr. Dies unterstreiche die Gefahr der wiederholten Exposition gegenüber Fehlinformationen, insbesondere in sozialen Medien.

 „Angesichts des Aufstiegs des Rechtspopulismus sind die Ergebnisse der Studie hochrelevant und könnten Debatten darüber beeinflussen, wie Fehlinformationen in verschiedenen demografischen Gruppen am besten bekämpft werden können,“ so Ralf Kurvers, Senior Research Scientist am Forschungsbereich Adaptive Rationalität des MPI für Bildungsforschung und Mitautor der Studie. Die Ergebnisse der Metaanalyse liefern daher wichtige Erkenntnisse für die theoretische Arbeit und die Entwicklung von Interventionsstrategien.

Um Einzelpersonen dabei zu helfen, Fehlinformationen wirkungsvoller zu bekämpfen, hat ein Forschungsteam, an dem auch das MPI für Bildung beteiligt war, einen Werkzeugkasten zusammengestellt. Die „Toolbox of individual-level interventions against online misinformation“ kann online kostenlos heruntergeladen werden. (vdo)

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