• Ausstellung: „Berlin – Hauptstadt der Wissenschaftlerinnen“

Emmanuelle Charpentier, Lise Meitner, Cécile Vogt – viele Berliner Wissenschaftlerinnen haben damals wie heute Bahnberechendes geleistet. Dennoch ist das der Öffentlichkeit kaum bekannt. Die Ausstellung „Berlin – Hauptstadt der Wissenschaftlerinnen“ im Roten Rathaus stellt 20 Pionierinnen der Brain City Berlin vor – und verschafft ihnen damit mehr Sichtbarkeit.

Als die Kernphysikerin Lise Meitner vor fast 115 Jahren Vorlesungen und Experimentierräume an der Friedrich-Wilhelms-Universität  – der Vorläuferin der heutigen Humboldt Universität zu Berlin – besuchen wollte, musste sie sich noch durch den Hintereingang einschleichen, um möglichst unentdeckt zu bleiben. Denn Frauen durften im Freistaat Preußen bis 1908 nicht studieren. 1912 erhielt Lise Meitner als erste Frau eine Stelle an der Universität – als Assistentin bei Max Planck in Berlin. Zehn Jahre später habilitiert sie als erste Wissenschaftlerin der Weimarer Republik in Physik. 

Auch heute noch ist der Weg von Frauen in der Wissenschaft meist beschwerlicher als der von Männern. Und ihre Leistungen und Erfolge sind nach außen hin weniger sichtbar als die ihrer Kollegen. Das gilt auch für die Brain City Berlin, die mit einem Professorinnen-Anteil von rund 33 Prozent eine Vorreiterrolle in Sachen Gleichberechtigung unter den deutschen Universitätsstädten einnimmt. 

Die Ausstellungs-Basis: von Berlinerinnen und Berlinern erstellte Wikipedia-Profile

Um Frauen in der Wissenschaft mehr Sichtbarkeit zu verschaffen, präsentiert das Berlin Institute of Health (BIH) aktuell 20 Pionierinnen der Brain City Berlin in der Ausstellung „Berlin – Hauptstadt der Wissenschaftlerinnen“ im Roten Rathaus. Die Sozialmedizinerin Theda Borde, die als Rektorin die Alice Salomon Hochschule Berlin leitete, gehört ebenso zu den Protagonistinnen wie die Chemikerin Emmanuelle Charpentier, die für ihre Genschere CrisprCas 2020 den Nobelpreis erhielt, die Hirnforscherin Cécile Vogt, die 13 Mal für den Nobelpreis nominiert wurde, ihn aber nie bekam oder die Soziologin und Politikerin Marlis Dürkop-Leptihn, die nach 118 männlichen Vorgängern zur ersten Präsidentin der Humboldt-Universität zu Berlin gewählt wurde. Grundlage der Ausstellung sind mehrere vom BIH in den vergangenen Monaten durchgeführte „Edit-a-thons“, in denen Berlinerinnen und Berliner Wikipedia-Einträge über Wissenschaftlerinnen erstellt oder weitergeschrieben haben. Insgesamt 16 Biografien wurden auf diese Weise neu erstellt, 150 bestehende Artikel aktualisiert und erweitert. 

Gemeinsam haben sämtliche der in der Ausstellung vorgestellten Wissenschaftlerinnen: Sie verbrachten zumindest Abschnitte ihres Forscherlebens in Berlin. „Viele großartige Wissenschaftlerinnen haben Berlin über Jahrzehnte zu der führenden Innovationsmetropole gemacht, die sie heute ist“, so der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, bei der Eröffnung. „Diese Ausstellung will einen Beitrag dazu leisten, ihre Arbeit zu würdigen und vor allem jeder Schülerin und jungen Frau zurufen: Die Welt der Wissenschaft gehört euch.“

Jede und jeder kann weiterschreiben

Die Ausstellung im Festsaal des Roten Rathauses am Alexanderplatz ist noch bis zum 20. Dezember geöffnet. Übersichtlich strukturiert, gibt sie spannende Einblicke in das Leben und Wirken der Forscherinnen. Karin Höhne, Beauftragte für Chancengleichheit am BIH, die zusammen mit Carmen Kurbjuhn die Schreibworkshops organisiert und die Ausstellung kuratiert hat, hofft, dass das Wikipedia-Projekt auch nach der Ausstellung weiterleben wird. Denn nach wie vor sind lediglich 17 Prozent aller Einträge Frauen gewidmet. „Wir gehen davon aus, dass die meisten (Workshop-Teilnehmerinnen und -teilnehmer, Anm. d. Red.) auch nach unserem gemeinsamen Termin weiter recherchieren und schreiben werden, sodass das Projekt wirklich nachhaltig die Sichtbarkeit von Frauen fördern wird.“ 

„Berlin – Hauptstadt der Wissenschaftlerinnen“ eröffnet somit nicht nur Zugang zu Wissen, sondern will die Besucherinnen und Besucher zugleich dazu inspirieren, selbst schreiberisch aktiv zu werden – und damit die Leistungen von Berliner Wissenschaftlerinnen in der öffentlichen Wahrnehmung gebührend herauszustellen. Herbstliche Abende bieten Gelegenheit und Muße dafür. (vdo)

„Berlin – Hauptstadt der Wissenschaftlerinnen“

20. Oktober bis 20. Dezember 2021, Rotes Rathaus, Festsaal, Rathausstraße 15, 10178 Berlin
Öffnungszeiten: werktags 10 bis 18 Uhr, Eintritt frei

Im kommenden Jahr wird „Berlin – Hauptstadt der Wissenschaftlerinnen“ als Wanderausstellung an verschiedenen Orten Berlins zu sehen sein – und auch auf www.bihealth.org

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