• EUREF Campus: Blick aus der Kuppel des Gasometers, Brain City Berlinb

    Energiewende zum Anfassen

Forschung und Wirtschaft arbeiten in der Brain City Berlin in vielen Bereichen synergetisch zusammen. Besonders eindrucksvoll funktioniert der Wissenstransfer auf dem Gelände des EUREF-Campus in Berlin-Schöneberg. Das Areal ist einer von 11 Berliner Zukunftsorten. Thematisch dreht sich in diesem „Reallabor der Energiewende“ alles um klimaneutrale, ressourcenschonende und intelligente Lösungen für die Stadt von morgen.

„Der EUREF-Campus ist ein Ort für Forschung und Lehre. Wir wollen zeigen, dass die Energiewende mithilfe grüner Technologien machbar ist.“ Karin Teichmann ist Mitglied des Vorstands und zugleich Sprecherin dieses „Reallabors der Energiewende“, das sich seit 2008 rund um ein ikonisches Industriedenkmal herum entwickelt hat: „Der Gasometer hat das Thema quasi vorgegeben“, so Karin Teichmann. „Das Gelände war bereits ein historisch gewachsener Energiestandort. Es lag also nahe, hier einen Campus rund um das Thema Energiewende aufzubauen.“

Mehr als 150 Unternehmen haben sich in den vergangenen 14 Jahren auf dem rund 5.000 Quadratmeter großen Areal in dem Berliner Bezirk Tempelhof-Schöneberg niedergelassen. Darunter Start-ups und kleine und mittlere Unternehmen ebenso wie die Deutsche Bahn, Schneider Electric, die NBB oder die GASAG. Auch wichtige Branchenverbände und Fachorganistaionen wie die Deutsche Energieagentur (DENA) oder der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) sitzen inzwischen auf dem EUREF-Campus. Und das nicht von ungefähr, denn sie alle profitieren von den Synergien, die über den engen Austausch mit den hochkarätigen Forschungseinrichtungen am Standort entstehen. Die Technischen Universität Berlin (TU Berlin) ist mit einem An-Institut und vier Masterstudiengängen auf dem Campus vertreten. Weitere Beispiele sind die Fraunhofer Energieforschung, das Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) und der TMG Think-Tank for Sustainablity, zu dessen Gründern der ehemalige Bundesaußenminister Klaus Töpfer gehört.

„Was uns als Standort ausmacht, ist die hier ansässige hochkarätige wissenschaftliche Expertise zum Thema Energie- und Verkehrswende. Davon profitieren die Unternehmen vor Ort nicht nur über gemeinsame Projekte, sondern auch über den direkten Kontakt zu Studierenden über Masterarbeiten und Stipendien. Angesichts des heutigen Fachkräftemangels ist es ein unschlagbarer Vorteil, die Expertinnen und Experten von morgen direkt vor der Haustür zu haben. Wissenstransfer ist praktisch Teil unserer DNA“, erläutert Karin Teichmann.

Innovative Systeme für eine klimaneutrale Stadt 


Drehscheibe des Wissenstransfers zwischen Wissenschaft und Wirtschaft auf dem EUREF-Campus ist der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Forschungscampus Mobility2Grid. Unter Leitung der TU Berlin arbeiten hier seit 2011 wissenschaftliche Partner wie die Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW Berlin), das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) oder das Max-Planck-Institut für Bildungsforschung gemeinsam mit Unternehmen an zentralen Fragen der Energiewende und innovativen Mobilitätslösungen. Die Themenfelder der vor Kurzem angelaufen zweiten Förderphase spiegeln zugleich die breite inhaltliche Spannweite des Forschungscampus wider: Netzintegration, Automatisiertes Laden und Fahren, Elektrifizierung von Flotten und Depots, Neomobilität, Transferareale sowie Partizipation & Akzeptanz. „Ziel des Forschungscampus Mobility2Grid ist es, effiziente und vernetzte Systeme für die klimaneutrale Stadt zu entwickeln und die Erkenntnisse, die auf dem EUREF-Campus gewonnen werden, auch in die Stadt zu tragen“, so Karin Teichmann.

Um Forschungsergebnisse aus den einzelnen Themenfeldern gezielt in die Praxis zu überführen und sie deutschlandweit in Projekten umzusetzen, wurde im Rahmen von Mobility2Grid eine Verwertungsgesellschaft gegründet: Die inno2Grid GmbH hat ihren Sitz auf dem EUREF-Campus und versteht sich als „Beratungs- und Projektgesellschaft, die die Kernkompetenzen und Leistungen ihrer Partner bündelt und zu kundenspezifischen Lösungen kombiniert.“ Zu den von inno2Grid begleiteten Referenzprojekten gehören das Umfeld des Flughafen BER, der Aufbau einer Ladeinfrastruktur für die Stadtwerke Potsdam, ein Smart Mobility- und Infrastrukturkonzept für „Das Neue Gartenfeld“ in Spandau, ein Mobilitätskonzept für das in der Nähe des Berliner Hauptbahnhofs gelegene Quartier Heidestraße, und auch eine integrierte Mobilitätsstation auf dem Gelände des EUREF-Campus, die grüne Energie in Mobilität zusammenführt und digital vernetzt. zeeMobase heißt dieses erste Micro Smart Grid Deutschlands, das in Zusammenarbeit mit Schneider Electric entwickelt und aufgebaut wurde.

Die Welt von morgen zum Leben erwecken

Die 2016 als Showroom für die intelligente Vernetzung von Energie und Mobilität eröffnete zeeMobase ist nur eines der Projekte und Objekte auf dem Gelände des EUREF-Campus, die die Energiewende im realen Testumfeld erlebbar machen. Als privates Gelände ist der Campus für herkömmlich betriebene Fahrzeuge gesperrt. E-Fahrzeuge allerdings dürfen überall fahren. Insofern können E-Mobile wie die autonome Kehrmaschine des Schweizer Start-ups Enway auf dem Gelände ungestört ihre Testrunden drehen. Auch ein selbstfahrender Elektrokleinbus des französischen Unternehmens EasyMile ging hier zwei Jahre lang in den Probelauf. „Wir sind ein Ort zum Anfassen. Ein Ort, an dem Ideen ausprobiert werden“, sagt Karin Teichmann und spezifiziert. „Die Energiewende erlebbar zu machen, ist nicht nur für unsere Besucherinnen und Besucher, sondern auch für unsere Mieter sehr interessant. Wir haben hier quasi das ganze Jahr über eine Fachmesse auf dem Gelände.“

Spannend für Delegationen aus aller Welt ist auch die von der Gasag Solution Plus konzipierte und betriebene Energiewerkstatt auf dem EUREF-Campus. Diese versorgt sämtliche Gebäude auf dem Gelände über ein Biomethan-betriebenes Blockheizkraftwerk mit Strom, Wärme und auch Kälte. Überschüssiger Strom wird in das Berliner Stromnetz eingespeist. Power-to-Heat/Power-to-Cold-Technologie ermöglicht es dem intelligent gesteuerten System außerdem, überschüssige Energie aus Solarparks und Windkraftanlagen zu speichern und damit bei Bedarf Wasser zu erwärmen oder abzukühlen. Die Energieversorgung auf dem EUREF-Campus ist bereits seit 2014 CO2-neutral. Der Berliner Zukunftsort erfüllt damit bereits heute das Klimaziel der Bundesregierung, bis 2045 Treibhausgasneutralität in Deutschland zu erreichen.

„Wir wollen in unserem Reallabor zeigen, was mit Produkten, die bereits auf dem Markt erhältlich sind, erreicht werden kann. Die Hauptstadt Berlin ist für uns ein guter Standort, denn die hochkarätigen Veranstaltungen und die Nähe zu Politik und Branchenverbänden helfen uns, die richtigen Akteurinnen und Akteure aus Forschung und Wirtschaft auf dem Campus zusammenzubringen“, so Karin Teichmann.

Derzeit wird das Erdgeschoss des Gasometers zum modernen Konferenzzentrum ausgebaut. Auf den oberen Geschossflächen des denkmalgeschützten Turms entstehen Büroflächen. Hier wird die Deutsche Bahn mit ihrer Digitalsparte „Digitale Schiene“ einziehen. 2024 soll der Ausbau abgeschlossen sein. Und damit ist dann auch der EUREF-Campus fertig. Weiter gehen die Bauarbeiten hingegen auf dem EUREF-Campus in Düsseldorf. „Der Berliner Forschungscampus wird uns dorthin begleiten – in enger Zusammenarbeit mit der TU Berlin“, ergänzt Karin Teichmann. Ein länderübergreifendes Beispiel für nachhaltigen Wissenschaftstransfer und für Ideen, die aus der Brain City Berlin hinaus in die Welt gehen. (vdo)

Weiterführende Informationen

EUREF-Campus Berlin
Mobility2Grid
Zulkunftsorte Berlin

 

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