• UNITE: Synergien fördern, Innovationen beschleunigen

Die Forschungslandschaft in Berlin und Brandenburg ist hervorragend, aber recht fragmentiert. In der Region schlummert noch viel ungenutztes Innovationspotenzial. UNITE will das ändern: In dem Konsortium haben sich mehr als 30 Universitäten, Hochschulen und Forschungseinrichtungen aus der Hauptstadtregion mit Akteuren aus der Wirtschaft, Verbänden und Venture-Capital-Gesellschaften zusammengeschlossen, um wissenschaftsbasierte Start-ups auf den Weg zu bringen. Die Zielsetzungen sind hoch: Unter anderem sollen rund 50.000 unternehmerische Talente pro Jahr qualifiziert und die Zahl der Ausgründungen aus den Wissenschaften in den kommenden fünf Jahren verdoppelt werden. UNITE ist eines von 15 Projekten, die 2024 vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) für die Konzeptphase des Leuchtturmwettbewerbs „Startup Factories“ ausgewählt wurden. Im Frühjahr 2025 soll sich entscheiden, welche Konzepte vom BMWK in der Umsetzung finanziell gefördert werden. Voraussetzung ist, dass mindestens 50 Prozent der Finanzierung durch private Geldgeber gestemmt werden. Einen Einblick in den aktuellen Stand des Berlin-Brandenburger Konsortiums gibt Laura Möller, Geschäftsführerin von UNITE und des K.I.E.Z.  – Künstliche Intelligenz Entrepreneurship Zentrum im Brain City Interview.

Frau Möller, was macht den Verbund UNITE besonders?

Mit UNITE entwickeln wir in einer konzertierten Aktion von über 50 Partnern aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft die Region Berlin-Brandenburg zu einem in Europa führenden Zentrum für Innovationen und wissenschaftsbasierte Gründungen. Die Anzahl, Diversität und Reputation der Mitwirkenden aus dem Ökosystem ist bislang beispiellos – nicht nur in der Region, sondern in ganz Deutschland.

Wie kamen der Verbund und die Bewerbung für „Startup Factories“ ins Rollen?

Die Bundesregierung will die Förderung von Gründungen aus der Wissenschaft weiterentwickeln und Anreize schaffen, damit künftig mehr unserer exzellenten Forschungsergebnisse für die Gesellschaft nutzbar gemacht werden können. Die grundlegende Idee dahinter ist, dass dies nur mit einer klaren wirtschaftlichen Ausrichtung, besserer Vernetzung und der Aktivierung privater Geldgeber gelingen kann. Eine erste Idee für UNITE entstand bereits Ende 2023. In den vergangenen Monaten kamen immer mehr Interessenten dazu – zunächst in Berlin. Schnell schlossen sich aber auch zahlreiche Partner aus Brandenburg UNITE an. Gemeinsam sind wir unter die Finalisten des Wettbewerbs gekommen. Und gemeinsam arbeiten wir aktuell auch am Aufbau von UNITE.

Eine der Zielsetzungen von UNITE ist es, pro Jahr 50.000 unternehmerische Talente in Berlin zu qualifizieren. Wie soll das gelingen?

Genau, wir wollen mehr Talente für die Arbeit an und in Start-ups begeistern, damit sie den unternehmerischen Weg gehen – als Alternative zu Industrie und Academia. Dazu braucht es auch Veränderungen in den Curricula aller Studiengänge, also beispielsweise mehr Entrepreneurship-Kurse für mehr potenzielle Gründerinnen und Gründer. Digitale Angebote und neueste Peer-to-Peer-Learning-Ansätze werden ebenfalls eine wichtige Rolle spielen, damit wir die Anzahl der Ausgebildeten signifikant skalieren können.

Welche Vorteile haben Partner von UNITE? Und wen möchten Sie im Rahmen der Public Private Partnership ansprechen?

Wir haben eine ganze Bandbreite unterschiedlicher Partner an Bord, die sicherlich auch unterschiedliche Erwartungen an UNITE haben. Im Kern geht es uns darum, die Anzahl und Qualität wissenschaftsbasierter Gründungen zu steigern. Dabei sollen auf der einen Seite die Vielfältigkeit und Freiheit der Forschung erhalten bleiben und gleichzeitig Redundanzen und Ineffizienzen aufgelöst werden. Der erste Schritt ist dabei Transparenz: Jede und jeder – ob Start-ups, Investoren, Unternehmen oder Talente – soll einen einfachen Zugang zum Berlin-Brandenburger Ökosystem erhalten. Das schließt Start-up-Hubs, Labore und Investoren beziehungsweise Expertennetzwerke ein.

Von welchen Standortvorteilen Berlins kann UNITE besonders profitieren?

In Berlin-Brandenburg haben wir beste Startvoraussetzungen. Bereits heute sind wir die Gründungsregion Nummer Eins in Deutschland. Künftig wollen wir die Anzahl der wissenschaftsbasierten Gründungen in Berlin und Brandenburg auf 365 pro Jahr steigern und einen klaren Fokus auf Deeptech legen. Das wird uns deshalb gelingen, weil wir in der Region über einen hervorragenden Talentpool mit mehr als 250.000 Studierenden verfügen. Dazu kommen 30.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und Millionen von Alumni.

Auch die Qualität der geförderten Start-ups soll gehoben werden. Mit welchen Maßnahmen?

Wir brauchen im Studium – im besten Fall bereits in der Schule – bessere Entrepreneurship-Bildung. Gründungsinteressierte sollen möglichst früh wissen, was für ein erfolgreiches Start-up notwendig ist. In jedem Fall dient dieses Wissen auch als Tool für mehr Selbstwirksamkeit – egal welcher Karrierepfad eingeschlagen wird. Ergänzend dazu braucht es mehr Programme in der frühen Phase, wie beispielsweise das Bridge-to-Market-Programm von K.I.E.Z.. Hier können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bereits vor der Inkubation in einem sechsmonatigen Programm herausfinden, ob überhaupt die technischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen dafür gegeben sind, ihre Forschungsergebnisse in ein Produkt umzuwandeln. Und auch, ob es eine relevante Nachfrage im Markt gibt. Eine große Chance bietet UNITE außerdem für das Founder-Matching. Wir haben in der Region neben hervorragenden medizinischen oder technischen Universitäten auch Hochschulen mit exzellenter Ausbildung in Betriebswirtschaft. Mit UNITE können wir die jungen Talente verschiedener Disziplinen künftig besser zusammenzubringen.

Mit welchen Herausforderungen haben wissenschaftliche Ausgründungen derzeit besonders zu kämpfen?

Es fehlt an der breiten Aktivierung des Start-up-Potenzials im Wissenschaftsbetrieb, weil Studierende und Forschende kaum Entrepreneurship-Ausbildung bekommen. Das Interesse am Gründen entsteht in der Regel aus eigenem Antrieb heraus. Das allein reicht aber nicht, um als Standort dauerhaft im Rennen um die Innovationsführerschaft mitzuhalten oder dort an die Spitze zu gelangen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben zudem hohe Opportunitätskosten, wenn sie sich in Richtung Gründung wagen. Weil in der Forschung typischerweise die akademische Karriere im Fokus steht oder anderswo in der Wirtschaft gut bezahlte Stellen locken. Es braucht also Maßnahmen, um den Gründergeist zu wecken und die Gründung eines Start-ups attraktiv zu machen.

 

Laura Möller, Geschäftsführerin von UNITE und des K.I.E.Z. – Künstliche Intelligenz Entrepreneurship Zentrum (© K.I.E.Z. / Viktor Strasse)

Welche konkreten Maßnahmen würden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern den Schritt in die Gründung erleichtern?

Ein zentrales Thema ist die Übertragung der Rechte an Forschungsergebnissen an die Start-ups. Hier brauchen wir klare Regeln und Prozesse, um das Kräfteungleichgewicht zwischen Forschungseinrichtungen und Gründenden zu egalisieren und zu einem fairen Ausgleich zu kommen. Und das, ohne den Start-ups gleich zu Beginn wirtschaftlich die Luft abzudrehen und sie für Investoren unattraktiv zu machen. Außerdem berichten uns Start-ups von Problemen bei der Visavergabe an ausländische Mitarbeitende sowie von zahlreichen bürokratischen Hürden, beispielsweise beim Beantragen von Fördermitteln. Hier bremsen wir uns in Deutschland allzu oft selbst aus.

Wonach wurden die UNITE-Handlungsfelder KI, Quantencomputing, Gesundheit und GreenTech ausgesucht?

Es geht uns darum, zentrale Zukunftsfelder zu besetzen, die eine hohe wirtschaftliche und gesellschaftliche Relevanz besitzen, und in denen Berlin-Brandenburg heute bereits stark ist. Wir wollen mit einem klaren Profil national, aber auch international erkennbar sein.

Im Frühjahr 2025 soll sich entscheiden, welche Konzepte durch das BMWK gefördert werden. Was ist, wenn die Anschubfinanzierung nicht bewilligt wird?

Die Verordnung zur Konzeptphase befindet sich derzeit in der Abstimmung innerhalb der Bundesregierung. Bislang haben wir noch keinen verbindlichen Termin für die Abgabe des Konzepts erhalten. UNITE hat allerdings schon jetzt viel Energie freigesetzt, um aus Berlin-Brandenburg das größte Gründerzentrum Europas zu machen. Dieses Momentum werden wir auf jeden Fall nutzen. Natürlich wäre es uns am liebsten, wenn wir neben der Unterstützung aus der Privatwirtschaft auch Rückenwind vom Bundeswirtschaftsministerium bekämen. Zum einen haben wir gute Verwendung für die staatliche Anschubschubfinanzierung. Zum anderen können wir unsere Sichtbarkeit erhöhen, wenn wir als eines der Gewinnerprojekte aus dem Wettbewerb hervorgehen.

Sie sind Geschäftsführerin von UNITE und der Initiative K.I. E.Z. – inwiefern bringen Sie in dieser Doppelposition beide Projekte zusammen?

Das Künstliche Intelligenz Entrepreneurship Zentrum – kurz K.I.E.Z. – wird getragen von Science & Startups, dem Verbund der Start-up-Services der Freien Universität Berlin, der Technischen Universität Berlin und der Humboldt-Universität zu Berlin sowie der Charité - Universitätsmedizin Berlin zur Unterstützung von wissenschaftsnahen KI-Start-ups. In den vergangenen drei Jahren konnten wir bereits über 100 Gründungsteams fördern. Wir sind ein Brückenbauer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft – und das bislang mit einem starken Fokus auf Berlin und KI. Wenn man so will, ist K.I.E.Z. der „Proof of Concept“ dafür, dass die gemeinsame Sache vieler Partner funktionieren kann. Und genau das wollen wir nun „at scale“ bei UNITE mit noch mehr Partnern aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft auf die Beine stellen. Let’s UNITE!

Interview: Ernestine von der Osten-Sacken

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