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22.04.2025„Batterien made in Germany, made in Berlin”
Leichter, leistungsstärker und nachhaltiger als herkömmliche Batterien: Das 2020 gegründete Start-up theion will mit einer neuen Technologie den Batteriemarkt revolutionieren und die Energiewende beschleunigen. Vor allem die Luftfahrtindustrie, aber auch die Automobilindustrie könnte von der Schwefel-Ionen-Batterie des Berliner Unternehmens profitieren, das am Rande des Wissenschafts- und Technologieparks Adlershof sitzt und forscht. Martin Schaupp, Chief Technology Officer bei theion, im Brain City-Interview.
Herr Schaupp, im vergangenen Jahr hat theion in Adlershof ein neues Batterie-Forschungszentrum eröffnet, um seine Schwefel-Lithium–Batterie zur Marktreife zu bringen. Wie funktioniert diese?
Bei jeder Batterie benötigt es eine Anode und eine Kathode, also einenPlus-“ und einen „Minuspol“. Durch die Auswahl der jeweiligen Materialien werden die Eigenschaften wie Spannung, Kapazität oder Ladefähigkeit bestimmt. Wir bei theion verwenden auf der Anode Lithium und auf der Kathode kristallinen Schwefel.
Wo liegen die Vorteile im Vergleich zu herkömmlichen Nickel-Mangan-Kobalt-Batterien?
Mit unserer Schwefeltechnologie können bis zu dreifach höhere Energiedichten realisiert werden. Es ist sozusagen eine „Leichtbaubatterie“. Die Einheit dazu ist gespeicherte Energie pro Kilo. Unser Ziel ist es, eine Batterie mit 1.000 Wattstunden pro Kilogramm zu bauen. Ein weiterer Vorteil liegt auf der Kostenseite. Der mit Abstand größte Kostenanteil liegt bei Nickel Mangan Kobaltoxid (NMC) auf der Materialseite. Da Schwefel ein Abfallmaterial der Chemie und Ölindustrie ist, ist es sehr günstig. Und es fallen hohe Kosten im Abbau und Aufbereitung weg. Das macht unsere Zelle zu einem sehr nachhaltigen und kostengünstigen Produkt.
Wie und wofür ließe sich die theion-Kristallbatterie einsetzen?
Der globale Markt für Batterien wächst in den nächsten Jahren um den Faktor 7 auf über 8 Terawattstunden pro Jahr. Elektrofahrzeuge, stationäre Speichersysteme, portable Endgeräte und nicht zuletzt die elektrifizierte Luftfahrt haben einen großen Bedarf an leichten oder günstigen Batterien. Grundsätzlich ist unser Produkt für alle Märkte, in denen das Gewicht und Kosten der Batterie eine Rolle spielen, sehr attraktiv.
Was gab 2020 den Anstoß zur Gründung des Start-ups theion?
Unser Gründer, der Chemiker Marek Slavik, befasst sich sein ganzes Leben schon mit der Schwefeltechnologie. Er hat 2020 einen Partner gefunden und mit ihm gemeinsam theion ins Leben gerufen. Aktuell beschäftigen wir 20 Mitarbeiter hier am Standort Adlershof in Berlin.
Welches waren die größten Herausforderungen bei und nach der Gründung des wissenschaftlichen Start-ups?
Da gibt es sehr viele. Neben den technischen Herausforderungen gibt es immer die Finanzierung. Uns ist es jetzt gelungen, ein Finanzierungsrunde über 15 Millionen Euro erfolgreich abzuschließen. Wir sind zwar ein Start-up, funktionieren aber wie eine ganz normale Firma. Heißt auch, wir müssen uns mit den bürokratischen Notwendigkeiten auseinandersetzen. Baufreigaben, Sicherheitsbestimmungen, Abfallkonzepte, Versicherungen usw. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, es hat natürlich alles seine Daseinsberechtigung, ist aber oft mit erheblichem Zeitaufwand verbunden.
Wie setzt sich das Team vom theion zusammen – und wer übernimmt welche Aufgaben?
Unser Team besteht aus Wisssenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Bereiche Chemie, Physik und Ingenieurwesen. Wir arbeiten alle gemeinsam an vielen verschiedenen Arbeitspaketen mit klarem Fokus auf unsere Roadmap.
Wird es bald erste theion-Batterien auf dem Markt geben?
Um eine Batterie als verkaufsfähiges Produkt auf den Markt zu bringen, sind viele Schritte notwendig. Von der Bemusterung über Prototypen bis hin zur Produktion. Wir gehen in diesem Jahr einen sehr großen Schritt und werden kleine „Pouchzellen" herstellen. Wie schnell die Zellen dann auf den Markt kommen, hängt von der Nachfrage und unserer Finanzierung ab. Ich bin aber sehr zuversichtlich, dass wir das wie geplant erreichen werden.
Mit welchen wissenschaftlichen Partnern arbeitet theion zusammen?
Wir nutzen die Nähe zur Humboldt-Universität zu Berlin. Dort haben wir Zugriff auf verschiedene Messgeräte und Laboreinrichtungen angemietet. Ebenso arbeiten wir mit verschiedenen Standorten des Fraunhofer-Instituts zusammen. Hier geht es hauptsächlich um die Verifizierung unserer Technologie. Letztes Jahr haben wir Zellen dort testen lassen, um eine unabhängige Aussage über die Performance unserer Batterien zu bekommen.
Gibt es bereits interessierte Kundenunternehmen?
Ja natürlich, da wir mit unserer dreifachen Energiedichte die Geschäftsmodelle vieler Kunden wesentlich attraktiver gestalten können. Gerade bei Flugzeugen, Helikoptern oder Drohnen zählt verständlicherweise jedes Kilo.
Warum ist Berlin ein guter Standort für ein Deep-Tech-Start-up wie theion?
Ein großer Vorteil ist für uns die internationale Ausrichtung Berlins. Wir haben viele Nationalitäten bei uns beschäftigt. Viele sind extra wegen uns nach Berlin gezogen. Da wir uns im internationalen Wettbewerb befinden, was hochspezialisierte Fachkräfte betrifft, zieht der Standort Berlin.
Welche Eigenschaften sollten Gründerinnen und Gründer mitbringen, um aus der Wissenschaft heraus erfolgreich ein Start-up auf den Weg zu bringen?
Resilienz und Optimismus. Nicht jeder Tag ist ein guter Tag. Wichtig ist, dass es in die richtige Richtung geht – und: Erfolge feiern nicht vergessen. Auch kleine Dinge müssen wertgeschätzt werden.
Wo soll das Unternehmen theion in fünf Jahren stehen?
In fünf Jahren wird unsere Batterie schon in Stückzahl verfügbar sein: „Batterien made in Germany, made in Berlin.”
Interview: Ernestine von der Osten-Sacken