• Visualisierung des Food Campus Berlin mit Teltowkanal, Brain City Berlin

    Think Tank für die Ernährung der Zukunft

Früher wurde im Berliner Industriegebiet Tempelhof-Ost Sarotti-Schokolade produziert. In den kommenden Jahren soll hier auf 14.000 Quadratmetern Grundfläche der Food Campus Berlin entstehen: Ein Science Park mit Schwerpunkt Ernährung und Planetare Gesundheit – und zugleich ein lebendiges Ökosystem, das Wissenschaft und Wirtschaft zusammenbringt, um holistische Lösungskonzepte für die Ernährungswende zu erarbeiten.

Noch ist der Food Campus Berlin ausschließlich virtuell verortet: Auf der Plattform Food Campus Digital können sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit Expertinnen und Experten aus der Wirtschaft und anderen Bereichen zur Zukunft der Ernährung austauschen, Trends diskutieren und bewerten und im Schwarm über Lösungsansätze für die Ernährung der Zukunft nachdenken. Der Fokus der Plattform liegt auf Information-Sharing, Knowledge-Transfer, Weiterbildung sowie Kompetenz – und Synergieaufbau. Events wie Webinare oder Webtalks und ein Online-Magazin, das die Gemeinschaft mitkuratiert, geben Denkanstöße und fördern den Austausch.

Gelauncht wurde der Food Campus Digital im März 2023. Und inzwischen zählt die Community mehr als 5.000 Follower. Sie ist zugleich das Herzstück eines interdisziplinären Information Hub zur Zukunft der Ernährung, der demnächst am Teltowkanal in Tempelhof-Schöneberg mit dem Food Campus Berlin auf einem rund 14.000 Quadratmeter großen Areal auch physisch ein Zuhause finden soll. „Aktuell planen wir mit einem Baubeginn im Frühjahr 2024“, sagt Jörg Reuter, der als Geschäftsführer der Artprojekt Nature & Nutrition GmbH und Head of Food Campus Berlin das Projekt für den Immobilienentwickler Artprojekt konzipiert hat. Zielsetzung des Food Campus-Teams: Im Industriegebiet Tempelhof-Ost einen Science Park zu schaffen, in dem Nahrungsproduktion neu gedacht und gemeinsam gestaltet werden kann. Ein Ökosystem aus Start-ups, Unternehmen und Wissenschaft, das lokal verortet und digital die Ernährungswende voranbringt.

„Was uns antreibt, ist die Tatsache, dass die ökologischen Grenzen unseres Planeten überschritten sind. Die Lebensmittelindustrie ist Teil des Problems, aber sie kann auch Teil der Lösung sein“, erläutert Reuter den Grundansatz seiner Food-Campus-Vision. „Lebensmittel haben heute einen negativen Impact auf die planetaren Grenzen. So ist unser Ernährungssystem weltweit für 30 Prozent der Treibhausgase und für 70 Prozent der Biodiversitätsverluste verantwortlich. Wir müssen deshalb die Ernährungs- und Agrarindustrie transformieren. Und wir müssen künftig unter immer schwierigeren klimatischen Bedingungen immer mehr Menschen mit gesunden und nachhaltigen Lebensmitteln versorgen – bis zum Jahr 2050 werden es weltweit zwei Milliarden mehr sein.“

 

Um die dafür notwendige Transformation der Ernährungs- und Agrarindustrie zu beschleunigen, ist der Food Campus ganzheitlich ausgerichtet „Unter holistisch verstehen wir in einer vertikalen Betrachtung, dass wir immer möglichst die gesamte Wertschöpfungskette von Farm-to-Table einbeziehen“, so Reuter. „In einer horizontalen Betrachtung bedeutet holistisch für uns, dass es nicht nur eine richtige Lösung, sondern mehrere Lösungswege gibt. Am Food Campus Berlin sollen alle Platz haben und sich gegenseitig befruchten.“ 

Start-ups, etablierten Unternehmen, Forschenden, ernährungsorientierten Institutionen und Dienstleistern sowie anderen Vordenkerinnen und Vordenkern auf dem Gebiet Planetare Gesundheit will Art Projekt mit dem Food Campus Berlin insgesamt 40.000 Quadratmeter Geschossfläche zum Arbeiten, Forschen und Produzieren bieten. Dafür soll in der Tempelhofer Teilestraße direkt am Teltowkanal ein nach dem Entwurf des Architekturbüros Tchoban Voss nachhaltig konzipierter Gebäudekomplex errichtet werden: Mit 15.000 Quadratmetern für eine teilweise gläserne Produktion, ebenso viel Bürofläche für Unternehmen, Institute und Dienstleister aus den Bereichen Food und Planetary Health sowie 8.000 Quadratmetern für Labore, F&E-Abteilungen und Versuchsküchen. 2.000 Quadratmetern sind für Events, Showrooms und gastronomische Angebote angedacht.

Der Schwerpunkt des Food Campus Berlin liegt allerdings nicht auf der Produktion, sondern auf Forschung und Entwicklung, wie Jörg Reuter betont. „Ein wichtiger Baustein des Food Campus wird außerdem der Maker Space „Smart Protein Hub“ sein. Dort schaffen wir eine europaweit einmalige Co-Using-Infrastruktur für Foodtech-Start-ups.“ Auch Kooperationen mit Hochschulen sind angedacht. Erste Partnerschaften mit der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften und der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW Berlin) sind bereits eingeschient.

Dass Artprojekt die Brain City Berlin als physischen Standort für den Food Campus Berlin gewählt hat, ist kein Zufall. Jörg Reuter: „Berlin ist europaweit eine der bedeutendsten Städte für Food-Start-ups. Des Weiteren ist Berlin aus der Meta-Perspektive eine der zentralen ‚Weltstädte‘ Europas. Auch die Nähe zur Politik ist sehr sinnvoll und zielführend, gerade wenn es um das Big Picture einer Agar- und Ernährungswende geht.“ Die elf Berliner Zukunftsorte und Innovationsparks der Stadt könnte der Food Campus Berlin mit seinem ernährungsbezogenen Schwerpunkt thematisch erweitern und auch befruchten. „Wir sind der erste Technologie-Park zum Thema Food in Berlin. Kooperationen sind immer willkommen. Unter anderem sind für uns Bereiche wie Biotechnologie oder KI kooperationsrelevant.“

Doch zunächst einmal muss der Food Campus Berlin gebaut werden. Das soll nach Beginn der Arbeiten etwa zwei Jahre dauern. Nach derzeitiger Planung wäre das 2026. Mehrere Unternehmen haben sich bereits Flächen auf dem Campus gesichert. Doch wonach erfolgt die Auswahl? „Grundsätzlich sollten die Mieterinnen und Mieter aus dem Branchenfeld Ernährungswirtschaft stammen", sagt Jörg Reuter. „Bevorzugt werden Mieterinnen und Mieter, die sich aktiv mit Lösungsentwicklung rund um Food-Innovationen, Lösungen für Planetare Gesundheit und Nachhaltigkeit beschäftigen.“ Das ist schlüssig, denn es stützt die Vision des Food Campus, die Zukunft der Ernährung gemeinsam anzupacken. Plattformübergreifend und interdisziplinär – als Berliner Experten-Community, die neue Lösungswege aufzeigt für die Ernährung der Zukunft. (vdo)

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