• Porträt von Dr. Ralph Richter

    Dr. Ralph Richter, Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung

Als Stadt- und Regionalsoziologe am Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung (IRS) beschäftigt sich Brain City-Botschafter Dr. Ralph Richter mit neuartigen Lösungen der Stadtlogistik, die einen Beitrag leisten zum sozial-ökologischen Wandel und für eine nachhaltige Entwicklung im sozialen Raum. Berlin ist für ihn ein ideales Forschungsumfeld.

„Mich interessiert, wie Menschen in Städten auf die veränderten Situationen reagieren. Unter welchen Bedingungen passen sie ihr Verhalten an oder entwickeln neuartige Lösungen? Wie ist es möglich, Wandlungsprozesse partizipativ zu gestalten und zu gemeinsamen Lösungen zu kommen? Fragen wie diese finde ich auch vor einem räumlichen Hintergrund spannend, denn es zeigt sich immer wieder, dass beispielsweise Menschen im ländlichen Raum andere Sichtweisen und Bedürfnisse haben als Großstädter:innen“, sagt Dr. Ralph Richter. So erforscht der Brain City-Botschafter beispielsweise, unter welchen Umständen Menschen in Stadtquartieren bereit sind, Lastenräder statt Autos oder Paketstationen statt der Lieferung nach Hause zu nutzen. Denn Gesellschaften sind einem permanenten Wandel unterworfen. Und auch im digitalen Zeitalter werden Menschen durch ihr sozial-räumliches Umfeld geprägt.

„Lange Zeit wurde von einer Homogenisierung der Lebensweisen in Städten, suburbanen Räumen und ländlichen Regionen ausgegangen. Statt einer Einebnung von Unterschieden beobachte ich allerdings einen Wandel hin zu neuen Formen; eine Diversität der Lebenswelten im Gemeinsamen“, erläutert Ralph Richter. Bereits während seines Studiums in Leipzig und Neapel begann der junge Wissenschaftler, sich als Stadtsoziologe zu spezialisieren, „denn in Städten lassen sich gesellschaftliche Entwicklungen oft schon früh beobachten.“ Solche Entwicklungen erforscht er auch in Berlin: Zum Beispiel auf der Mierendorff-INSEL in Charlottenburg. Denn eines der Projekte, an denen er aktuell mitwirkt, ist das BMBF-geförderten Forschungs- und Praxisprojekt „Stadtquartier 4.1. Hier geht es darum, neuartige Lösungen für eine nachhaltige Stadtlogistik zu erproben und die Bedingungen für die soziale Akzeptanz dieser Lösungen zu erforschen. „Wir finden hier ein vergleichsweise umweltgerechtes Mobilitätsverhalten und eine Aufgeschlossenheit für neuartige Logistiklösungen“, erläutert er. „Die Berlinerinnen und Berliner nehmen die Verkehrswende bereits ein Stück vorweg.“ 

In der sozial-ökologischen Forschung ist Berlin ein Taktgeber für Entwicklungen, die sich in anderen Städten und Regionen erst mit zeitlicher Verzögerung beobachten lassen.

In die Brain City Berlin kam Ralph Richter – nach Forschungsjahren an den Universitäten in Leipzig und Darmstadt – ganz klassisch: über eine Stellenausschreibung. „In meinem Wissenschaftsfeld hat das IRS schon lange einen guten Ruf“, erinnert er sich. Seinen Umzug in die Brain City hat er bis heute nicht bereut. „Ich schätze an Berlin, dass es jung, dynamisch, aufgeschlossen und divers ist. Das macht es uns leicht, in Austauschprogrammen Gastwissenschaftler*innen für Forschungsaufenthalte an unserem Institut zu gewinnen. Als Sozialwissenschaftler, der in Berlin empirisch forscht, erfahre ich auf Konferenzen besonderes Interesse an unseren Ergebnissen.“ 

Auch in seiner eigenen Forschung wird Ralph Richter durch die Stadt  beflügelt. „In der sozial-ökologischen Forschung ist Berlin ein Taktgeber für Entwicklungen, die sich in anderen Städten und Regionen erst mit zeitlicher Verzögerung beobachten lassen. Es gibt hier unzählige Projekte und Reallabore, in denen der Stadtverkehr und die Stadtlogistik der Zukunft erprobt werden. Die Berlinerinnen und Berliner sind sehr aufgeschlossen für nachhaltige Mobilität, das merken wir besonders im Vergleich mit suburbanen Gebieten.“

Nachwuchswissenschaftler:innen, die in der Berliner Wissenschaft eine Karriere starten möchten, empfiehlt er vor allem, sich aktiv einzubringen. „Das ist in Berlin nicht anders als in anderen Städten: Wer im Studium durch rege Beteiligung, Interesse und Leistung auf sich aufmerksam macht, hat gute Chancen, von Professor:innen eingebunden und auf Ausschreibungen aufmerksam zu werden. Auch Hilfskraftstellen an den vielen außeruniversitären Instituten können ein gutes Sprungbrett sein.“ Einzigartig seien allerdings die Netzwerke vor Ort. „Ich beobachte in Berlin eine breite Vernetzung von Nachwuchswissenschaftler:innen in Arbeitsgruppen, Kolloquien und Forschungsgruppen. In diesen können sich junge Wissenschaftler:innen auch von außerhalb engagieren, Kontakte knüpfen und von Ausschreibungen erfahren.“ Allerdings sei die Wissenschaftslandschaft in Berlin auch recht kompetitiv. „Vorkontakte helfen einem, einen ersten Fuß in die Wissenschaft hineinzusetzen.“ (vdo)

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