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Franzi Cagic
12.11.2020Tina Krell, Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft
Die Leidenschaft von Tina Krell sind empirische Methoden. Diese wendet sie auf Plattformen – das sind internetbasierte Netzwerke – an. Am Berliner Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG) arbeitet die Brain City-Botschafterin in der Forschungsgruppe „Innovation, Entrepreneurship & Gesellschaft“. Außerdem koordiniert sie am HIIG die Task Force „Europäische Plattform-Ökonomie“.
„Forschung ist die systematische Suche nach neuen Erkenntnissen. Für diese braucht es allem voran Zeit und ,Kopfraum’“, sagt Brain City-Botschafterin Tina Krell und präzisiert: „Kopfraum entsteht für mich durch Routine und die Minimierung von Reizeinflüssen und finanzieller Belastung. Das habe ich in Berlin.“
Tina Krell ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Berliner Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG). Für die Brain City Berlin entschied sie sich bewusst: „Ich hatte bis zu meinem Bachelor-Abschluss in Berlin studiert und daher bereits einen groben Überblick über die Forschungslandschaft in der Stadt.“ Nach dem Master an der London School of Economics und daraus folgenden Forschungsaufenthalten in Istanbul, London und Genf zog es die Politikwissenschaftlerin zurück nach Berlin. Und das aus einem klaren Grund heraus: „Mir ist keine andere Stadt bewusst, in der ich in gleichem Maße mit brillanten Menschen aus unterschiedlichen Disziplinen zusammenarbeiten kann und die notwendige Freiheit und Flexibilität zum Forschen habe.“
Der Forschungsschwerpunkt der jungen Wissenschaftlerin ist zweigeteilt. „Ich liebe Methoden und die deduktive Forschung der Statistik“, erläutert sie. „Den Großteil meiner Freizeit übe ich mich in angewandter Mathematik.“ Inhaltlich konzentriert sich Tina Krell hingegen auf internetbasierte Netzwerke, sogenannte Plattformen. „In unserem Projekt ‚Platform Alternatives’ beschäftigen wir uns mit dem Thema der Plattform-Geschäftsmodellinnovation in Europa. Unser Forschungsfokus liegt hier auf der Frage: Wie kann Europa eine Plattformwirtschaft aufbauen, die nach europäischen Werten arbeitet und gleichzeitig global wettbewerbsfähig und profitabel ist.“ Besonders fasziniert sie der Einfluss von Plattformen auf die Wirtschaft und auf „nicht-plattformisierte“ Bereiche, zum Beispiel in der Gesundheitsindustrie. Sie untersucht aber auch, wie verschiedenen Plattform-Akteure innerhalb eines Ökosystems interagieren.
Berlin ist offen und ein Talent-Magnet, der brillante Forscher*innen aus aller Welt anzieht. Die freie Forschung in der Stadt ist einzigartig!
Und wie wird sich der Bereich entwickeln? Auf diese Frage hat Tina Krell sofort eine Antwort parat: „Ich erwarte, dass sich mehr traditionelle Geschäftsmodelle plattformisieren werden und beobachte gespannt, ob und in welchen Industrien es zur Monopolbildung kommen wird.“ Plattform-Denken, so Tina Krell, sei inzwischen ein wichtiger Bestandteil der Geschäftsmodellinnovation. „Es reicht nicht, eine Infrastruktur zu bauen, auf die Nutzer und Anbieter dann zukommen.“ Damit eine Plattform sich etabliere und skaliere, müssten mehrere Seiten orchestriert und bedient werden. „Es gibt keine Blaupause fürs Gelingen. Das ist komplex, nicht nur im alltagssprachlichen, sondern auch im mathematischen Sinne.“
Tina Krells Tipp für Nachwuchswissenschaftler*innen, die ihre Karriere in der Berliner Wissenschaft starten möchten: „Berlin ist bekannt für bestimmte Forschungszweige und Disziplinen. Seid euch darüber im Klaren, was ihr von eurer wissenschaftlichen Karriere erwartet und überlegt genau, ob Berlin dafür geeignet ist. Vor allem aber nutzt die Chancen der digitalen Vernetzung.“ Sie selbst hat Berliner Forscher*innen immer als sehr offen erlebt. „Mit einem Forscher habe ich darüber sogar eine enge Schach-Freundschaft entwickelt.“