• Prof. Dr. Christina Kratsch. HTW Berlin

    Prof. Dr. Christina Kratsch, Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin

Wie läuft KI in Unternehmen erfolgreich und sicher? Mit Fragen wie diesen beschäftigt sich Prof. Dr. Christina Kratsch. Die Brain City Botschafterin ist Professorin für Künstliche Intelligenz und Software Engineering an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW Berlin). Im Team der KI -Werkstatt der Hochschule befasst sie sich mit potenziellen KI-Anwendungen in Unternehmen – zusammen mit hochmotivierten Studierenden.

„Der Beginn auf der grünen Wiese, das Prototypische reizt mich an neuen KI-Projekten. Das anfängliche Verstehen und Vertrauen schaffen. Das ist eine Phase, in der man viel erklären, viel auswählen und viele unterschiedliche Aspekte miteinbeziehen muss“, sagt Prof. Dr. Christina Kratsch. „Obendrein lässt sich diese Phase wunderbar mit der praxisnahen Ausrichtung der Lehre an der HTW Berlin verbinden.“ Christina Kratsch ist seit Ende 2022 Professorin am Fachbereich Ingenieurwissenschaften an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin. Den Praxisbezug bringt sie selbst mit, denn vor ihrer Zeit an der Hochschule arbeitete sie als Forschungsleiterin, Beraterin und Data Scientist in der Wirtschaft. „Ich habe dort anhand verschiedener KI-Projekte beobachten können, woran diese im späteren Verlauf scheitern. Später habe ich mich viel mit Innovationsmanagement beschäftigt“, so die Brain City Botschafterin. Die Kernfragen, mit denen sie sich in ihrer Forschung beschäftigt: Wie wird Künstliche Intelligenz im Unternehmen erfolgreich? Wo setzt der Prozess an? Und: Wie bringt man Generative KI zum Laufen? Kratsch: „Das machen wir vorzugsweise in Anwendungsfällen, die etwas anspruchsvoller sind als der durchschnittliche Kunden-Chatbot“. 

Die Projekte, an denen Christina Kratsch gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus verschiedenen Fachbereichen interdisziplinär und unter enger Einbindung von Studierenden forscht, sondiert sie selbst. Vor Ort, in den Unternehmen. Den Rahmen dafür bildet die „KI-Werkstatt“ der HTW Berlin. Ein vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (ehemals BMBF) geförderter Ort für gemeinsames Lehren, Forschen und Anwenden von KI-Technologie. Ein physischer Raum an der Hochschule – und zugleich eine interdisziplinäre Infrastruktur, die anwendungsorientiert und projektspezifisch auch Unternehmen einbindet. Im Projekt QuaLlamA beispielsweise betrachtet das Werkstatt-Team die Qualität von Large Language Models. Systematisch setzen sich die Forschenden mit der Bewertung und Sicherung der Qualität und des Outputs Generativer KI unter realistischen, unternehmensnahen Bedingungen auseinander. „Wir forschen aktuell viel am ‚Benchmarking‘ von komplexen, meist ‚agentischen‘ KI-Systemen. Sobald die KI komplizierter als ein Chatbot oder ein Textgenerator wird, ist es meist schwer, verlässlich zu erkennen, ob ein System gesund und stabil ist. Und ob es gut funktioniert. In der unternehmerischen Praxis ist dies allerdings ein essenzielles Kriterium für das Vertrauen in solche Systeme.“ Eng zusammen arbeitet die KI-Werkstatt auch mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen, wie der Gesellschaft zur Förderung angewandter Informatik (GfAI) in Berlin-Adlershof. Kontakte bestehen auch zum Hasso-Plattner-Institut (HPI) in Potsdam-Babelsberg.

Die Größe und Vielfalt des Berliner Ökosystems sind fantastisch – die Vielzahl der Forschungsinstitute und forschungsnaher Unternehmen, der Gründergeist.

Christina Kratsch stammt ursprünglich aus Thüringen – trotzdem oder gerade deswegen fühlt sie sich heute in Berlin zu Hause. „Ich habe in Jena an der Friedrich-Schiller-Universität Computer Science studiert und die Stimmung und Lebensweise in der Stadt sehr genossen. Jena ist sehr weltoffen, wandelbar, modern, jung. Freigeistig im besten Sinne des Wortes. Und Berlin ist in vielen Aspekten wie Jena, nur größer. Natürlich gibt es auch in Berlin Dinge, die einen in den Wahnsinn treiben, aber ich mag das Veränderliche, Weltoffene, Neustartfreundliche an der Stadt.“

In Berlin wohnt und arbeitet die Brain City Botschafterin seit 2014 – mit einigen Zwischenstationen. „Ich erzähle eigentlich immer die Geschichte, dass ich mein ganzes Leben lang meinem Mann hinterhergereist bin, und es hat mir nie geschadet. Wir haben uns während des Studiums in Jena kennengelernt. Er war eher mit dem Studium fertig als ich und wollte in Saarbrücken promovieren. Also habe ich das ebenfalls gemacht. Nach ein paar weiteren Stationen hat er eine Juniorprofessur in Berlin bekommen. Also habe ich hier als Data Scientist bei einem Online-Versandhändler angefangen und viel über KI gelernt. Mein Mann hat dann eine Professur in Bonn angenommen, und ich habe dort als Beraterin angefangen. Er ist danach wieder nach Berlin gegangen. Naja, Sie wissen schon …“

Von ihrer neuen Heimat ist Christina Kratsch auch als Wissenschaftlerin begeistert: „Die Größe und Vielfalt des Berliner Ökosystems ist fantastisch – die Vielzahl der Forschungsinstitute und forschungsnaher Unternehmen, der Gründergeist.“ Ein großer Pluspunkt der Brain City Berlin sei außerdem die große Zahl an jungen Menschen, die hier leben und etwas gestalten wollen. „Was mich immer wieder aufs Neue begeistert und motiviert: Meine Studierenden sind hoch engagiert und mit Begeisterung dabei, wenn sie ihr Wissen aus dem Studium in praktische Lehrmodule einbringen können. Sei es in einem Unternehmen, in einer städtischen Institution oder einem Start-up. Sie wollen etwas bewegen. Davon profitiert unsere Hochschule ebenso wie Berlin.“

Jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die nach Berlin kommen möchten, gibt Christina Kratsch eine persönliche Erkenntnis mit auf den Weg: „Nach der Promotion war ich mir sicher, dass ich nicht im akademischen System bleiben möchte. Das lag vor allem an den intrinsischen strukturellen Problemen einer akademischen Karriere“, erläutert sie. In der Industrie arbeitete sie dann aber oft sehr forschungsnah, wissenschaftlich und innovativ. Und in Berufen, die – wie sie heute meint – „viel von dem boten, was mich am akademischen Forschen so gereizt hat.“ Letztendlich und für sie selbst überraschend, fand Christina Kratsch am Ende dann aber doch wieder in die Wissenschaft und resümiert: „Mein Tipp wäre, dass es auch andere Wege in die Wissenschaft gibt als den Klassischen über den PostDoc und die Juniorprofessur. Bleibt offen und folgt eurem Herzen!“ (vdo)

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