Prof. Dr.-Ing. Ivo Boblan
Berliner Hochschule für Technik (BHT)

Brain City Berlin-Botschafter: Prof. Dr.-Ing. Ivo Boblan (Berliner Hochschule für Technik (BHT))

 

Fachbereich Elektronik – Mechatronik – Optometrie

 

Intelligente Roboter werden das Leben und Arbeiten der Menschen in den kommenden Jahren gravierend verändern. Neben leistungsfähigen Industrierobotern, sollen vor allem humanoide Roboter eine größere Rolle im Alltag spielen.

Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels werden sie in der Medizin und Pflege einfache bis komplexe Aufgaben übernehmen. Um als „soziale Partner“ vom Menschen akzeptiert zu werden, müssen diese Roboter lernen, ihr menschliches Gegenüber zu verstehen und sich „menschlich“ anfühlen. Ivo Boblan von der Berliner Hochschule für Technik (BHT) forscht an dieser Entwicklung. Angetrieben wird er dabei von einer Frage: Wie viel Mensch darf im Roboter stecken?

Interview

Herr Boblan, wie würden Sie einem Laien Ihre Arbeit erklären? Woran forschen Sie derzeit?

Ich beschäftige mich mit meinem Team mit der sogenannten nachgebenden Robotik. Das heißt, wir arbeiten daran, Roboter so zu bauen, dass sie in der direkten Interaktion mit dem Menschen möglichst nachgiebig, weich und elastisch agieren. Eben so wie wir es im Umgang mit anderen Menschen gewohnt sind.

 

Das ist tatsächlich ein Unterschied zu den Robotern, wie man sie kennt. Warum sind solche Robotereigenschaften Ihrer Meinung nach wichtig?

Wir sind davon überzeugt, dass diese weichen und elastischen Eigenschaften nicht nur die Mensch-Maschine-Interaktion erleichtern, sondern vor allem die gesellschaftliche Akzeptanz von Robotern erhöht. Abgesehen von der künstlichen Intelligenz wird diese „menschliche“ Komponente das entscheidende Kriterium dafür sein, Roboter in Zukunft als „soziale“ Partner zu akzeptieren.

 

Wozu benötigen wir überhaupt Roboter im Alltag?

Die Menschen werden immer älter. Gleichzeitig gibt es immer weniger Nachwuchskräfte. Im Zuge des demografischen Wandels muss es auf der einen Seite darum gehen, die älter werdenden Arbeitnehmer im Alltags- und auch im Arbeitsprozess zu entlasten. Sie müssen von schweren Arbeiten befreit und Arbeitsprozesse ergonomischer gestaltet werden, damit sie gesund altern und länger Freude am Arbeitsprozess haben. Auf der anderen Seite werden die Menschen mit zunehmendem Alter auch zunehmend hilfs- und pflegebedürftiger. Sie gilt es ebenso zu unterstützen und ihnen zu helfen, ihren Alltag nach Möglichkeit weitgehend selbstbestimmt zu meistern. Hier können Roboter einen entscheidenden Beitrag leisten.

 

Können Sie uns konkrete Anwendungsbeispiele nennen?

Wir fokussieren uns derzeit auf drei konkrete Anwendungsfälle. In der Industriemontage sollen Roboter vor allem die Montagearbeiter physisch entlasten und ihnen schwere Arbeiten abnehmen wie beispielweise das Heben, Ziehen oder Drücken von schweren Lasten. In der Medizin und im Pflegebereich können sie ebenfalls einfache bis komplexe Aufgaben übernehmen, beispielsweise können sie Pflegekräfte bei der kräftezehrenden Mobilisierung von Patienten mechanisch unterstützen. Langfristig sollen solche Pflegeassistenzsysteme zu erschwinglichen Preisen den Patienten auch zu Hause zur Verfügung stehen. Im häuslichen Umfeld sehen wir im Übrigen auch den dritten großen Anwendungsbereich. Roboter könnten beispielsweise demenzkranken Personen oder auch querschnittsgelähmten Menschen bei ganz alltäglichen Hausarbeiten unterstützen.

 

Das hört sich alles sehr anwendungsorientiert an. Sind Sie deshalb von der Technischen Universität zur Berliner Hochschule für Technik (BHT) gewechselt?

Ja richtig. Die Robotik ist eine klassische Anwendungswissenschaft. Wir müssen unsere Roboter bauen und unter realen Bedingungen testen. Vor allem müssen wir erfahren, wie die Menschen mit ihnen interagieren. Das lässt sich im Labor nicht simulieren. Dafür sind die Fachhochschulen die richtigen Standorte. Sie bieten die besten Voraussetzungen für eine anwendungsorientierte Forschung und Entwicklung.

 

Die Robotik ist nicht nur eine anwendungsorientierte Wissenschaft, sondern auch sehr interdisziplinär. Profitieren Sie von der Nähe zu anderen Berliner Wissenschaftseinrichtungen?

Wir arbeiten sehr vielfältig und eng mit anderen Disziplinen zusammen. Da sind zum Beispiel die Techniksoziologen, die uns sagen, wie Roboter von der Gesellschaft gesehen und aufgenommen werden. Interaktionsgestalter helfen uns dabei, die Mensch-Maschine-Interaktion angenehmer zu gestalten und Verhaltensbiologen zeigen uns, wie wir Menschen untereinander auf einer sehr feinsinnigen Ebene agieren. Das alles müssen Roboter ebenfalls lernen, um ihr menschliches Gegenüber zu verstehen. Durch die große Hochschuldichte in Berlin haben wir direkten Zugang zu all diesen Disziplinen. Das ist fantastisch und hilft uns ungemein.

 

Also ist Berlin für Sie der ideale Forschungsstandort?

Ja das kann man so sagen. Aber nicht allein deswegen. Berlin ist in vielerlei Hinsicht genau die richtige Stadt für unsere Forschungsarbeit. Als junge Stadt ist sie immer noch im Werden. Es entsteht viel Neues. Die Strukturen sind noch nicht so eingefahren. Und Berlin denkt quer. Die Menschen hier sind offen für neue Ideen und zeigen sich experimentierfreudig. Für unsere Forschung sind das die besten Voraussetzungen um unsere Roboter unter die Leute zu bringen, sie zu mobilisieren und zu begeistern an dieser Entwicklung teilzuhaben.

 

Und was sagt der Privatmensch Ivo Boblan zu Berlin?

Ich bin eine Berliner Göre und in Berlin aufgewachsen. Ich mag die Stadt, sie wächst sehr schnell, sie ist unkonventionell und hipp. Auch wenn sich die Stadt rasant verändert, gibt es immer noch Ecken, wo man unbeobachtet ist oder irgendetwas Neues entdecken kann. Ich fühle mich sehr wohl hier und kann mir momentan nicht vorstellen, Berlin zu verlassen. Ich persönlich halte Berlin für eine der zukunftsfähigsten Metropolen weltweit. Und ich finde es spannend nicht nur dabei, sondern mittendrin zu sein.