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19.09.2023
Dr. Patricio Farrell, Weierstraß-Institut
Als Spezialist für Angewandte Mathematik versucht Brain City-Botschafter Dr. Patricio Farrell, Fragen aus der Praxis über mathematische Modelle zu beantworten. Interdisziplinär forscht er dabei beispielsweise mit Physikerinnen und Physikern an Halbleiter-Bauteilen.
„An meiner Arbeit gefällt mir besonders, dass ich Mathematik direkt in Anwendungen einbringen kann. Zum Beispiel in der Physik oder in den Ingenieurwissenschaften. Dafür muss ich zwischen den unterschiedlichen Disziplinen ‚übersetzen‘, weil das Vokabular und die Vorkenntnisse verschieden sind“, sagt Dr. Patricio Farrell. Der Brain City-Botschafter beschäftigt sich am Berliner Weierstraß-Institut mit Angewandter Mathematik. Gemeinsam mit seinem Team erforscht er, wie Strom durch Hableiter-Bauteile fließt. „Dazu gehören zum Beispiel Solarzellen, Nanodrähte, Laser oder Memristoren“, erläutert er. „Wir selber bauen solche Geräte allerdings nicht. Stattdessen beschreiben wir ein Bauteil erst mit mathematischen Modellen. Dafür müssen wir jeweils entscheiden, welche physikalischen Effekte besonders von Interesse sind. Wenn das Modell des Halbleiter-Bauteils steht, simulieren wir es auf einem Computer. Das hat den Vorteil, dass wir theoretische Einblicke bekommen, warum und wie effizient das Bauteil funktioniert.“ Typische Fragen, denen Patricio Farrell in seiner Arbeit nachgeht, lauten etwa: „Wie effizient wandelt eine Perowskit-Solarzelle Sonnenlicht in Strom um?“, „Wie stark verbiegt sich ein Nano-Draht, wenn zwei Materialen mit unterschiedlichen Gitterkonstanten ‚aneinandergeklebt‘ werden?“ oder „Wie sollten künstliche Synapsen gebaut sein, um Künstliche Intelligenz energieeffizienter zu machen?“.
„Ich finde es spannend, dass ich mit meiner Forschung indirekt dazu beitragen kann, Technologien wie die Solar-Technologie zu verbessern oder dabei helfe, theoretische Grundlagen besser zu verstehen, etwa um ein künstliches Nervensystem zu entwickeln“, sagt Patricio Farrell begeistert. „Während meiner Promotion an der University of Oxford habe ich in der Angewandten Mathematik zu gitterfreien Methoden gearbeitet. Allerdings war der Schritt zu echten Anwendungen damals noch deutlich größer als heute. Dass ich nun praktisch täglich mit Physikerinnen und Physikern oder Ingenieurinnen und Ingenieuren an realen Problemen arbeiten kann, reizt mich sehr.“
In Berlin gibt es mehrere exzellente Mathematik-Institutionen und eine Fülle an interessanten Bereichen, um Mathematik anzuwenden.
Nach Berlin zog es Patricio Farrell 2014 – „einerseits aufgrund eines spannenden Jobangebots, anderseits weil ich mir gut vorstellen konnte, in einer größeren Stadt zu leben. Vorher hatte ich für die Promotion im deutlich kleineren britischen Oxford gelebt.“ Von 2017 bis 2019 übernahm der Mathematiker als Zwischenstation eine Vertretungsprofessur an der Technischen Universität Hamburg. Doch inzwischen ist Patricio Farrell in der Brain City Berlin als Wissenschaftler und Dozent am Weierstraß-Institut für Angewandte Analysis und Stochastik (WIAS) als Forschungsgruppenleiter „Numerische Methoden für innovative Halbleiter-Bauteile“ fest verankert. Dabei arbeiten er und sein Team auch mit anderen Berliner Forschungseinrichtungen wie dem Paul-Drude-Institut für Festkörperelektronik (PDI) oder dem Leibniz-Institut für Kristallzüchtung (IKZ) zusammen. Auch in das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte, institutionsübergreifende Berliner Mathematik-Exzellenz-Cluster MATH+ ist er wissenschaftlich eingebunden.
„In Berlin gibt es einerseits mehrere exzellente Mathematik-Institutionen – drei Universitäten und zwei Forschungsinstitute – und eine Fülle an naturwissenschaftlichen Forschungseinrichtungen, die spannende Grundlagen-Forschung betreiben. Diese stellen spannende Fragen, die ich mit mathematischen Methoden zu beantworten versuche“, erläutert Patricio Farrell die für ihn wichtigen Standortvorteile. „Hinzu kommt, dass Berlin international attraktiv ist. Viele interessante Forscherinnen und Forscher besuchen die Stadt.“ Er selbst schätzt an Berlin vor allem die Vielfalt, Weltoffenheit und Toleranz.“
Jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die nach Berlin kommen möchten, empfiehlt Patricio Ferrell, sich erst einmal einen Überblick über die Möglichkeiten zu verschaffen, die die Stadt bietet. Und im zweiten Schritt dann auch fachgebietsangrenzend schauen, was zu den eigenen Interessen und Fähigkeiten passt. „Es ist sinnvoll, sich so früh wie möglich gezielt zu vernetzen“, so der Brain City-Botschafter. „Wer weiß: Vielleicht ergibt sich über ein Telefonat oder ein Online-Treffen so bereits eine konkrete berufliche Chance.“ (vdo)