• Porträt Prof. Dr. Anna Maria von Saucken

    Prof. Dr. Anna Maria von Saucken, Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin

Mit der Interaktion zwischen Mensch und Maschine beschäftigt sich Prof. Dr. Anna Maria von Saucken. Ein ausgesprochen interdisziplinäres Feld, denn Informatik, Ingenieurwesen, Interface-Design und Psychologie treffen hier aufeinander. Als Spross einer künstlerisch orientierten Familie bringt die Brain City-Botschafterin Offenheit und Kreativität in ihre Arbeit mit ein. Auch in der Lehre setzt sie gern neue Impulse.

„Ich bin in Berlin in der Charité geboren und in Berlin-Mitte aufgewachsen. Die Charité und ihre begeisterten Mediziner und Wissenschaftlerinnen haben mich immer fasziniert, dabei waren die Räumlichkeiten viele Jahre lang unglaublich marode. Aber den jungen und natürlich schon erfahrenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern war das stets egal. Sie sind hierhergekommen, um Forschung auf international hohem Niveau voranzutreiben.“

Auch Prof. Dr. Anna Maria von Saucken will Dinge voranbringen. Ihre Tätigkeit als Professorin für Wirtschaftsinformatik am Fachbereich Duales Studium der HWR Berlin ist für sie nicht nur ein Job, sondern Berufung. Dabei stammt die Brain City-Botschafterin aus einem künstlerisch geprägten Elternhaus: der Vater Ballett-Choreograph, die Mutter eine erfolgreiche Solo-Harfinistin, der Bruder Tänzer. Doch Anna Maria von Saucken zog es in die Wissenschaft: Sie entschied sich für die Informatik – nicht ganz ohne anfängliche Zweifel. „Kurz vor Ende des Bachelorstudium war ich unsicher, ob ich glücklich werden würde mit einem konservativen Beruf und Leben. Also macht ich mit meinem Vater einen intensiven Regiekurs in den Semesterferien. Das war fürchterlich anstrengend und es gab viel vorzubereiten. Ich habe dann als Abschlussprüfung selbst ein Gedicht auf den Straßen Stockholms vorgetragen, das wir wochenlang hinsichtlich Sprache, Geste, Mimik, Haltung, Ausdruck einstudiert hatten. Da habe ich kapiert, wie viel Arbeit und Plan in jedem Detail steckt. Und mir wurde klar, wie viel ich schon über Informatik, Softwarearchitektur und Datenstrukturen wusste und wie leicht es mir fiel, mir mit Neugier neues Wissen anzueignen. Vermutlich wollte mir mein Vater genau das vermitteln.“

Offenheit gegenüber Neuem prägte auch den weiteren Weg von Anna Maria von Saucken. Nach Abschluss des Studiums der Wirtschaftsinformatik an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW Berlin) promovierte sie am Fachgebiet Medizintechnik an der Technischen Universität Berlin (TU Berlin). Erste Lehrerfahrungen sammelte sie an der HWT Berlin und der Code University of Applied Sciences Berlin. Heute liegt ihr fachlicher Schwerpunkt auf der Erforschung des Zusammenspiels zwischen Mensch und Maschine. „Ich versuche aufzuklären, warum es zu Schwierigkeiten in der Interaktion zwischen Menschen und Maschinen kommt. In unseren Projekten geht es primär um Fehler, die im Umgang mit einer Software von Menschen gemacht werden, und darum, wie wir diese in der Konzeption einer Software und ihrem Interface maßgeblich verringern können.“

Berlin hat ein hohe Dichte an Universitäten, Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Dadurch ergibt sich auch fachlich eine hohe Diversität, die der interdisziplinären Forschung extrem zugute kommt.

2021 erhielt die Brain City-Botschafterin im Bundeswettbewerb „Professor des Jahres“ der UNICUM Stiftung den dritten Platz. Die Jury zeichnete sie für ihr Engagement in der Lehre und ihre außergewöhnlichen Lehrkonzepte aus. Eines davon: Sie stellt in der Einführungsveranstaltung ihrer Online-Vorlesungen mehrere Themenschwerpunkte inhaltlich kurz vor. Die Studierenden können dann per Live-Voting ihre thematischen Top 3 definieren. Um im ihre Lernveranstaltungen praxisnah zu gestalten, holt Anna Maria von Saucken Interviewpartnerinnen und -partner aus ihren beruflichen und privaten Netzwerken in die Online-Lehrveranstaltungen oder zeichnet Interviews vorab auf. Aktiv unterstützt sie die Studierenden auch bei Themen wie der Ideenfindung. „Ich vermittle den Studierenden, dass sie als neue Generation vorherrschende Arbeitsweisen und veraltete Perspektiven positiv verändern können. Dafür braucht es ein ‚Digital Mindset‘ mit Agilität in der Projektarbeit, der Fähigkeit zum Netzwerken, Teamfähigkeit in großen Softwareprojekten, dem Umgang mit Komplexität sowie Neugier, Offenheit und Problemerkennung und Zerlegung dieser in Teilprobleme“, so Anna Maria von Saucken und ergänzt: Ich bin davon überzeugt, dass Studierende merken, ob man sich wirklich leidenschaftlich für ein Fach interessiert und Wissen mit Begeisterungsfähigkeit und Humor rüberbringt.“

Die Brain City Berlin bietet Anna Maria von Saucken vor allem durch die hohe Dichte an Universitäten, Hochschulen und Forschungsinstituten ideale Bedingungen für ihre interdisziplinäre Forschung. „Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die ich in Berlin kennengelernt habe, sind sehr offen für einen interdisziplinären Austausch oder gemeinsame Forschungsprojekte. Wir könnten beispielsweise mit Ingenieurinnen der TU Berlin Prototypen bauen, die wir gemeinsam mit Medizinern und medizinischem Personal der Charité–Universitätsmedizin Berlin testen, um danach Studien zur Mensch-Maschine-Interaktion mit Kognitionspsychologinnen der Humboldt-Universität zu Berlin zu erheben und auszuwerten. Auch Kooperationspartner aus der Wirtschaft findet man in Berlin stets und immer.“

Nachwuchswissenschaftlerinnen, die ihre Karriere in der Berliner Wissenschaft starten möchten, empfiehlt Anna Maria von Saucken, sich ein großes Netzwerk aufzubauen und dieses auch zu pflegen. „Man trifft sich tatsächlich immer zweimal.“ Ihr Rat speziell für Nachwuchswissenschaftlerinnen: „Bitte bewerbt euch auch auf Stellen und Praktika, bei denen ihr die Kriterien (noch) nicht erfüllt. Manchmal hat man Glück, und man bekommt eine Art Vertrauensvorschuss auf das Potenzial, das in einem gesehen wird.“ In der Brain City Berlin – so die Erfahrung der gebürtigen Berlinerin – sei alles möglich, durch die Offenheit und Toleranz der Menschen. „Berlin ist unglaublich lebendig. Menschen aller Couleur, sozialer Schichten und Bildungsstände treffen sich hier ohne Vorbehalte und meist recht schnell auf Augenhöhe. Das habe ich in anderen Städten weltweit nur in Ausnahmen erlebt.“