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© David Ausserhofer
06.03.2025Prof. Dr. Swen Hutter, Zentrum für Zivilgesellschaftsforschung (FU Berlin / WZB)
Wie verhält und verändert sich die Zivilgesellschaft in Zeiten von Polarisierung und Krisen? Als Direktor des Zentrums für Zivilgesellschaftsforschung an der Freien Universität Berlin (FU Berlin) und am Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) forscht Brain City Botschafter Prof. Dr. Swen Hutter zu hochaktuellen Fragen.
Politik begleitet Swen Hutter bereits seit der Kindheit. „Politik war bei uns zu Hause immer ein Thema – insbesondere die Frage, welche Abstimmungen anstehen und wer wofür ist. Dabei spielte es keine Rolle, dass ich als Erster in meiner Familie aufs Gymnasium ging; politische Debatten waren alltäglich.“ Der Brain City Botschafter wuchs in der Schweiz auf. Später, während des Studiums an der Universität Zürich, motivierten und faszinierten ihn die politikwissenschaftlichen Vorlesungen. „Mich hat schon früh interessiert, warum Menschen so unterschiedlich über politische Themen denken – selbst über solche, die sie direkt betreffen. Diese Neugier prägt meine Forschung bis heute“, so Swen Hutter. „Ich finde es spannend, wie Menschen ihre politischen Einstellungen artikulieren – sei es an der Wahlurne, auf der Straße durch Protest oder durch ihr Engagement in zivilgesellschaftlichen Organisationen. Besonders reizt es mich, gesellschaftliche Entwicklungen nicht nur zu beobachten, sondern sie auch analytisch einzuordnen – und mit meiner Forschung ein besseres Verständnis für aktuelle politische Dynamiken zu schaffen.“
Seit 2022 leitet der Politikwissenschaftler das Zentrum für Zivilgesellschaftsforschung an der FU Berlin und am WZB. Sein Forschungsfokus ist ausgesprochen zukunftsorientiert: „Ich beschäftige mich damit, wie sich die Zivilgesellschaft in Zeiten von Polarisierung und Krisen verändert und welchen Beitrag sie zur Bewältigung der großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts leisten kann. Mein Ausgangspunkt ist die Annahme, dass die Entstehung neuer gesellschaftlicher Konfliktlinien die Zivilgesellschaft grundlegend verändert – mit ambivalenten Folgen für die Qualität von Demokratien.“ Aktuell ist Swen Hutter an verschiedenen großen Projekten beteiligt. So ist er zum Beispiel Mitglied der Einstein Research Unit „Coping with Affective Polarization: How Civil Society Fosters Social Cohesion“ der Berlin University Alliance (BUA), die Ende 2024 an den Start ging. Und er forscht auch im Rahmen des Exzellenzclusters „Contestations of the Liberal Script" (SCRIPTS).
Berlin ist der ideale Ort, um am Puls des politischen und gesellschaftlichen Lebens zu sein. Die Stadt bietet nicht nur als Hauptstadt und Schauplatz vielfältiger politischer Auseinandersetzungen eine einzigartige Dynamik, sondern zeichnet sich auch durch ihre lebendigen Kieze und eine aktive Zivilgesellschaft aus.
Vor allem fasziniert den Brain City Botschafter dabei, wie vielfältig zivilgesellschaftliche Engagement- und Organisationsformen sind – von sozialen Bewegungen und Protesten über große Wohlfahrtsverbände bis hin zu lokalen Initiativen und nachbarschaftlichen Netzwerken. „Besonders spannend finde ich, wie diese Akteure interagieren – teils in Konflikt, teils in Kooperation – und sich gegenseitig beeinflussen, um gesellschaftliche Herausforderungen zu bewältigen.“ Ein hochaktuelles Projekt, das er mit seinem Team aufgebaut hat, ist das „WZB-ProtestMonitoring“. Damit lässt sich die Entwicklung des Protestgeschehens in Deutschland von 1950 bis in die Gegenwart nachzeichnen. Hutter: „Ich finde es wichtig, auch zu den weniger institutionalisierten Bereichen von Politik gute Daten zu liefern. Damit nicht nur spekuliert wird, ob wir nun auf einmal viel mehr Protest haben oder ob beispielsweise Akteure wie die Letzte Generation deutlich radikaler zu Werke gehen als dies ein Land wie Deutschland jemals erlebt hat. Am Zentrum für Zivilgesellschaftsforschung geht es uns darum, mit Evidenz etwas Licht in die öffentliche Debatte zu bringen.“
Nach Berlin kam Swen Hutter im Herbst 2018. Direkt aus Florenz, wo er – nach dem Studium der Politikwissenschaften an der Universität Zürich und der Promotion an der Ludwig-Maximilians-Universität München – zuletzt als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Europäischen Hochschulinstitut geforscht hatte. „Ich bin ich aus Florenz nach Berlin gekommen, um hier gemeinsam mit dem Politikwissenschaftler Edgar Grande das neue Zentrum für Zivilgesellschaftsforschung aufzubauen und meine Lichtenberg-Professur für Politische Soziologie an der FU Berlin mit Leben zu füllen“, erläutert er. Die Standortvorteile der Brain City Berlin halfen ihm dabei. „Berlin ermöglicht mir eine enge Vernetzung – sowohl über disziplinäre Grenzen hinweg als auch mit Akteuren aus der Zivilgesellschaft selbst“, so Swen Hutter. „Als Direktor einer gemeinsamen Einrichtung der Freien Universität Berlin und des WZB profitiere ich außerdem von der engen Kooperation der Berliner Universitäten mit den außeruniversitären Forschungseinrichtungen.“ Auch international ist das Zentrum für Zivilgesellschaftsforschung aus der Hauptstadt heraus gut vernetzt. „Berlin ist der ideale Ort, um am Puls des politischen und gesellschaftlichen Lebens zu sein“, ergänzt der Brain City Botschafter. „Die Stadt bietet nicht nur als Hauptstadt und Schauplatz vielfältiger politischer Auseinandersetzungen eine einzigartige Dynamik, sondern zeichnet sich auch durch ihre lebendigen Kieze und eine aktive Zivilgesellschaft aus.“
Jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die Berlin kommen möchten, empfiehlt Swen Hutter, frühzeitig Kontakte über die Institutionen hinweg aufzubauen und sich über die zahlreichen Fördermöglichkeiten in der Brain City Berlin zu informieren. Auch wenn einem dies oft eine gewisse Frustrationstoleranz abverlangt– der Einsatz zahlt sich nach Swen Hutters Erfahrung aus: „Berlin bietet zahlreiche Möglichkeiten – es lohnt sich, diese aktiv zu nutzen!“ (vdo)