-
© rbb
06.09.2024Prof. Dr. Sascha Friesike, Weizenbaum Institut / Universität der Künste Berlin
Wie kann Digitalisierung helfen, Neues zu schaffen? Und welche Rolle spielt sie in der akademischen Forschung? Mit solchen Fragen beschäftigt sich Brain City Botschafter Prof. Dr. Sascha Friesike. Darüber hinaus betrachtet der Direktor des Berliner Weizenbaum Instituts und Studiengangsleiter an der Universität der Künste Berlin die Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Gesellschaft.
„Ich glaube, dass die Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Gesellschaft noch besser bespielt werden könnte. Da ist ‘ne Menge Musik drin“, sagt Prof. Dr. Sascha Friesike. Eigentlich ist der Brain City Botschafter Wirtschaftsingenieur, sein Studium schloss er an der TU Berlin ab. Doch statt zu konstruieren, interessierte er sich schon immer mehr für das WIE hinter den Dingen. „Ich habe dann an der Universität St. Gallen in Innovationsmanagement promoviert. Auch um besser zu verstehen, wie ich als Ingenieur arbeiten sollte. Und als Wissenschaftler habe ich mich schnell gefragt: Wie funktioniert eigentlich Forschung? Und was ist eigentlich ihre gesellschaftliche Funktion? Darüber zerbreche ich mir im Grunde bis heute den Kopf.“
Seit 2019 ist Sascha Friesike Direktor des Berliner Weizenbaum Instituts. Zu dem 2017 gegründeten interdisziplinäre Verbund gehören neben der Freien Universität Berlin, die Humboldt-Universität zu Berlin, die Technische Universität Berlin, die Universität der Künste Berlin und die Universität Potsdam sowie das Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme (FOKUS) und das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB). „Wir sind ein interdisziplinäres Forschungsinstitut, das sich mit den gesellschaftlichen Herausforderungen des digitalen Wandels beschäftigt“, so Sascha Friesike, der außerdem an der UdK Berlin den berufsbegleitenden Masterstudiengangs „Leadership in digitaler Innovation“ leitet.
„Ich befasse mich schon eine Weile mit der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Gesellschaft“, sagt er. „Auf der einen Seite wird Wissenschaft immer komplexer und kleinteiliger in dem, was sie untersucht. Auf der anderen Seite tut sie das aber für die Gesellschaft und nicht zum Selbstzweck. Mit den damit verbundenen Herausforderungen befasse ich mich. Dazu gehört auch die Frage, wie Wissenschaft mit anderen Teilen der Gesellschaft in einem Dialog stehen sollte. Ich habe ja, wie gesagt, diese merkwürdige Eigenschaft, mich gern für die Meta-Themen meiner eigenen Arbeit zu interessieren.“
Berlin ist ein Ballungsraum mit vielen Universitäten. Die Wahrscheinlichkeit, hier Leute zu finden, die ähnlich ticken und mit denen man was auf die Beine stellen kann, ist groß.
Die Meta-Ebene, in der Sascha Friesike sich als Forscher bewegt, ist interdisziplinär und transferorientiert. So produziert er beispielsweise gemeinsam mit dem Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) Videos für den YouTube-Kanal „Menschen und Muster“. Dort gibt er sozialwissenschaftliche Antworten auf kleine und große Alltagsfragen: Anschaulich, unterhaltsam und dennoch wissenschaftlich fundiert erläutert er etwa, wie feste Denkmuster Ideen blockieren, oder warum es so schwer ist, aus den eignen Fehlern zu lernen. Mit der Direktorin der Urania Berlin, Dr. Johanna Sprondel, hat er ein populärwissenschaftliches Buch zum Thema „Träge Transformation. Welche Denkfehler den digitalen Wandel blockieren“ geschrieben. „Das sind alles keine klassischen Forschungskollaborationen. Aber ich versuche in meiner Arbeit halt gern, unterschiedliche Perspektiven zusammenzubringen. Und es ist mir auch immer ein Anliegen, das der kommen Generation Forschender ans Herz zu legen. Wenn wir uns die Herausforderungen einer zunehmend digitalisierten Gesellschaft ansehen, dann können wir vieles davon nur bearbeiten, wenn wir eng mit gesellschaftlichen Stakeholdern zusammenwirken und besser lernen, uns gegenseitig zu verstehen.“ Aktuelles Beispiel für ein solches Zusammenspiel: Eine Doktorandin des Weizenbaum-Instituts begleitet das Team des rbb-Projekts bei der Arbeit. Friesike: „Sie macht eine ethnographische Untersuchung darüber, wie Forschende und Journalistinnen gemeinsam Wissenschaft kommunizieren, was funktioniert, was nicht, und was wir daraus lernen können.“
In Berlin ist Sascha Friesike seit seiner Geburt verwurzelt. Auch wenn es ihn immer mal wieder von hier wegzog: Ein Jahr seiner Promotionszeit verbrachte er in Stanford, USA. Von 2014 bis 2016 übernahm er eine Professur für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Würzburg. Und von 2017 bis 2019 war er Assistant Professor für digitale Innovation an der VU in Amsterdam. Heute ist der Brain City Botschafter immer noch viel unterwegs. Doch Berlin schätzt er nicht nur, weil Familie und Freunde hier wohnen. „Berlin ist eine Stadt aus Städten. Wenn man sich mal überwindet, den eigenen Kiez zu verlassen, kann man hier immer etwas entdecken. Das inspiriert! Und dank des gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehrs kann man dabei ziemlich einfach Mitstreiterinenn und Mitstreiter treffen. Berlin ist außerdem ein Ballungsraum mit vielen Universitäten. Die Wahrscheinlichkeit, hier Leute zu finden, die ähnlich ticken und mit denen man was auf die Beine stellen kann, ist groß.“
Sascha Friesikes Rat an junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler knüpft daran an: „Sucht euch Leute, mit denen ihr könnt und wollt.“ In Berlin werde viel dadurch in Bewegung gesetzt, dass Gleichgesinnte sich über den Weg laufen. „Dieses Interesse, nach links und rechts zu schauen, treibt die Wissenschaft doch an. Und sich vielseitig zu orientieren – das kann man im deutschsprachigen Raum nirgendwo besser tun als in Berlin.“ (vdo)