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© Jens Nachtwei
04.12.2019Prof. Dr. Jens Nachtwei, Humboldt-Universität zu Berlin
Brain City Berlin-Botschafter Prof. Dr. Jens Nachtwei lehrt und forscht am Lehrstuhl für Ingenieurpsychologie des Instituts für Psychologie der Humboldt-Universität zu Berlin. Dort leitet er unter anderem ein Forschungsprojekt zur Zukunft der Arbeit in der digitalen Ära. Außerdem lehrt er an der Hochschule für angewandtes Management und leitet das HU-Spin-off IQP, das er mitgegründet hat.
„Ich bin im ‚alten Adlershof’, also jenseits der S-Bahn-Strecke, gegenüber vom heutigen Campus ,aufgewachsen. Dort habe ich meine Kindheit während der letzten zehn Jahre der DDR verbracht. Wo heute ein Campus für Wissenschaft und Wirtschaft floriert, waren früher das DDR-Fernsehen und die bewaffneten Organe des Staatssicherheitsdienstes (Stasi) angesiedelt. Tatsächlich liegt mein heutiges Büro auf dem ehemaligen Gelände einer Stasi-Kaserne. Der Sprung von damals auf heute ist enorm“, sagt Jens Nachtwei.
An einem Ort so viele Möglichkeiten der Kooperation zu haben, ist wirklich sehr wertvoll. In Berlin finden ständig Tagungen und Kongresse statt – die Welt, die Expertise kommt zu uns.
In Berlin hat sich nach Ansicht des Wirtschaftspsychologen in den letzten 30 Jahren unglaublich viel getan. „Ich spüre vor allem, wie stark die Anziehungskraft der Stadt heute ist. In meiner Ringvorlesung am Institut für Psychologie der Humboldt-Universität zum Beispiel stellen seit Jahren Praktiker aus dem gesamten deutschsprachigen Bereich ihre Themen vor. Und alle freuen sich auf den Besuch in der Stadt, sind neugierig und fühlen sich hier sehr wohl. An einem Ort so viele Möglichkeiten der Kooperation zu haben, ist wirklich sehr wertvoll. In Berlin finden ständig Tagungen und Kongresse statt – die Welt, die Expertise kommt zu uns.“
Jens Nachtwei hat nicht nur einen, sondern gleich zwei akademische Jobs: An der Humboldt-Universität zu Berlin leitet er ein Forschungsprojekt zur Zukunft der Arbeit in der digitalen Ära und eines zur Qualität von Personalauswahl und -entwicklung. „Als Postdoc am Lehrstuhl für Sozial- und Organisationspsychologie war ich mehr als elf Jahre vorwiegend mit Forschung beschäftigt und habe einige Doktorandinnen und Doktoranden betreut, die meist auch einen Fuß in der Praxis haben. 2022 habe ich die Gastprofessur für Ingenieurpsychologie am Institut übernommen.“ Auch sein zweiter wissenschaftlicher Job ist praxisorientiert: Am Berliner Campus der Hochschule für angewandtes Management unterrichtet er seit 2012 als Professor für Wirtschaftspsychologie viele Berufstätige, die berufsbegleitend studieren. „Ich habe die Brücke zwischen Forschung und Praxis immer als meinen Weg betrachtet. Die Studierenden wissen das sehr zu schätzen, zumal auch an einer Universität der Großteil der Absolventen in die Praxis geht und eben nicht in der Forschung bleibt“, sagt Jens Nachtwei. Er selbst gründete bereits ein Jahr nach dem Abschluss seines Studiums zusammen mit Kommilitonen das universitäre Spin-off IQP (Privat-Institut für Qualitätssicherung in Personalauswahl und -entwicklung).
Aufgrund seiner eigenen Erfahrungen empfiehlt der engagierte Wissenschaftler Studierenden vor allem eins: mehrgleisig zu fahren. „Der Fokus sollte auf Forschung und Lehre liegen. Aber es erweitert den Horizont und ist schlicht ein existenzielles Back-up, einen Fuß in der Praxis zu haben.“ Und noch einen weiteren Tipp gibt er jungen Nachwuchswissenschaftler*innen mit auf den Weg: „Unbedingt die kurzen Distanzen in Berlin nutzen und auf die Fachbereiche und Lehrstühle zugehen, die für die eigene Arbeit relevant sind. Die meisten freuen sich, wenn sie angesprochen werden. Daher sollte man sich möglichst schnell orientieren, wer mögliche Partner sein könnten. Netzwerke sind in einer Stadt wie Berlin leichter zu pflegen als in Flächenländern!“