Prof. Dr. Andreas M. Kaplan
ESCP Europe Berlin Campus

Brain City Berlin-Botschafter: Prof. Dr. Andreas M. Kaplan (ESCP Europe Berlin Campus)

 

Rektor der ESCP Europe Berlin Campus

 

Andreas Kaplan begann als Professor an der ESSEC Business School und am Institut d’études politiques de Paris (Sciences Po). Danach kehrte er an seine Alma Mater, die ESCP Europe, zurück und wurde dort zum Leiter der Fakultät für Marketing gewählt.

Von 2014 bis 2017 hält Kaplan das Amt des Studiendekans, verantwortlich für alle Studienprogramme der Hochschule mit circa 5000 Studierenden. Seit 2017 ist er Rektor der ESCP Europe Wirtschaftshochschule Berlin. Ihn interessiert vor allem der Einfluss der Digitalisierung auf die Gesellschaft. Im Interview erzählt er wie die Digitalisierung das Hochschulwesen verändern und transformieren wird.

Interview

Herr Kaplan, seit April 2017 sind Sie neuer Rektor der ESCP Europe Wirtschaftshochschule Berlin. Was sind Ihre Pläne als neuer Leiter der ESCP Europe am Standort Berlin?

Zunächst bin ich sehr stolz und freue mich auf die anstehenden Aufgaben als Rektor der ESCP Europe in Berlin in den kommenden Jahren. Als akademische Schwerpunkte wird die ESCP Europe Business School aktuelle wirtschafts- und unternehmensrelevante Fragestellungen weiterentwickeln. Dazu zählen Themen wie Entrepreneurship und Innovation, digitale Transformation und Nachhaltigkeit ebenso wie die ständigen Schwerpunkte, die mit internationalen Managementthemen und der interkulturellen Kompetenzentwicklung verbunden sind. Diese Schwerpunkte zeichnen sich bereits mit den neuen Studiengängen und Angeboten im Bereich Executive Education und der Weiterbildung für Führungskräfte, die in diesem Jahr neu starten, ab.

Die digitale Transformation ist ein Schwerpunkt Ihrer Arbeit. Wie wird die fortschreitende Digitalisierung die Lehre verändern?

Diese Frage beschäftigt mich seit zwei, drei Jahren. Nicht nur als Teil meines Forschungsgebietes, sondern auch als Teil meiner langjährigen Tätigkeit im Bereich des Hochschulmanagement. Ich denke, diesbezüglich wird sich einiges verändern. Die klassische Vorlesung, in der ein Professor vor die Studierenden tritt und den Lehrstoff frontal runterbetet, gehört eigentlich bereits der Vergangenheit an.

 

Was heißt das? Werden wir in 10 Jahren keine physischen Universitätsstandorte mehr haben?

Ich glaube tatsächlich, dass es den klassischen Vorlesungssaal so wie wir ihn heute kennen, nicht mehr so oft geben wird. Aber ein Studium bedeutet ja mehr als Vorlesungen zu besuchen. Studieren heißt, sich ein Netzwerk aufzubauen, Teamfähigkeit zu erlernen und in Gruppen zusammenzuarbeiten. Das geht im „Real Life“ immer noch besser und effektiver als im „Virtual Life“. Insofern wird es auch immer noch physische Standorte geben, wenn auch in einer anderen Funktion als heute. Die jungen Studierenden, die als „Digital Natives“ aufwachsen, werden andere Lehr- und Präsentationsformen einfordern.

 

Woran denken Sie dabei?

Wir haben mit einer Generation von Studentinnen und Studenten zu tun, die es zum Teil gewohnt ist, in 2- oder 3-Minuten-Videos auf YouTube Inhalte präsentiert zu bekommen. Insofern wird das Online-Lernen in den verschiedensten Formen in Zukunft eine größere Bedeutung bekommen. Diesem Umstand müssen wir gerecht werden. In einer Welt, in der Wissen und Informationen via Smartphone und Computer zudem immer und überall verfügbar sind, wird es darüber hinaus immer schwieriger den Studierenden zu vermitteln, dass sie überhaupt noch Inhalte auswendig lernen sollen. Ich will damit nicht sagen, dass Wissen überflüssig wird, aber der Fokus dessen, was wir den Studenten als Wissen und Fähigkeiten mit auf den Weg geben, wird sich verschieben.

 

Worauf wird es Ihrer Ansicht nach demnach ankommen?

Meines Erachtens wird interdisziplinäres Lernen immer wichtiger werden plus die Fähigkeit, sich schnell in neue Inhalte einzuarbeiten. Das werden die neuen Soft Skills der Zukunft sein. Deswegen würde ich gerne verstärkt mit anderen Universitäten und Hochschulen kooperieren und den interdisziplinären Austausch mit fachfremden Bereichen wie den Ingenieurswissenschaften oder den Rechtswissenschaften fördern. Ein anderer Aspekt, der in einer globalisierten Welt immer wichtiger wird, ist der interkulturelle Austausch und das Verständnis füreinander. Das ist bei uns allerdings als europäisch ausgerichtete Hochschule und mit Studierenden aus der ganzen Welt ohnehin gelebter Alltag und läuft quasi nebenher mit. Darüber mache ich mir am wenigsten Gedanken.

 

Was sagen Sie Ihren Studierenden als Rektor einer europäisch ausgerichteten Wirtschaftshochschule angesichts der aktuellen politischen Entwicklungen? (Stichwort Brexit)

Unsere Studierenden und Teilnehmer der Executive Education haben eines gemeinsam: Sie verstehen Europa und die Globalisierung als Chance und schätzen an der ESCP Europe unsere besonders ausgeprägte Interkulturalität. Gerade in diesen politisch unruhigen Zeiten ist es mir ein Anliegen, die Diversität sowie interkulturelle Zusammenarbeit und Management in die öffentliche Diskussion einzubringen und zu fördern. Dabei geht es meines Erachtens darum, das Gemeinsamkeitsgefühlt der Europäer zu stärken. Europa und der europäische Gedanke sollte mehr Einzug in die Wohnzimmer der Menschen halten.

 

Die Globalisierung bietet allerdings nicht nur Chancen, sondern hat auch negative Begleiter-scheinungen. Was geben Sie Ihren Studierenden mit Blick auf die Gestaltung einer nachhaltigeren und gerechteren Welt mit auf den Weg?

Neben dem interkulturellen Austausch und dem gegenseitigen Verständnis versuchen wir unseren Studierenden in den Kursen auch die Wichtigkeit einer nachhaltigen und fairen Entwicklung in einer interdependenten Welt zu vermitteln. Das was wir heute unter den Stichworten Business Ethics und Corporate Social Responsibility zusammenfassen, ist bei uns fester Bestandteil der Lehre. Dahinter stehen die Vermittlung von Wissen und das Erlernen von Kompetenzen, die zu einem verantwortungs-bewussten Denken und Handeln befähigen. Dem Begriff Verantwortung kommt dabei einen Schlüssel-funktion zu. Diese liegt nicht nur bei den Unternehmen als übergeordnete Institution, sondern bei jedem einzelnen Individuum als Teil dieser Institution.

 

Sie sind in der Welt schon viel rumgekommen und haben in verschieden Städten gelebt. Was zeichnet Berlin aus Ihrer Sicht aus?

Berlin ist mit anderen Städten nur schwer zu vergleichen. Berlin ist eine sehr dynamische und tolerante Stadt, die am Puls der Zeit ist. In Berlin habe ich das Gefühl, dabei zu sein und mitgestalten zu können. Berlin ist unkompliziert und bietet Raum zum Atmen. Ich fühle mich sehr wohl hier. Und ich liebe es, schnell im Grünen zu sein. Hoffentlich bleibt das so.