Wissen für Alle - Open Access in Berlin

Wissenschaft und Kulturerbe, jederzeit für jedermann frei zugänglich im Netz: Die Open Access Bewegung wirbt für einen Paradigmenwechsel im Publikationswesen und erhält dabei weltweit immer größeren Zuspruch von Politik und Wissenschaft. Die Brain City nimmt bei diesem Unterfangen eine Vorreiterrolle ein: In Berlin wurden im Jahr 2017 inzwischen 38,5% der wissenschaftlichen Publikationen im Open Access veröffentlicht, Tendenz steigend. Das entspricht fast der internationalen Spitzenposition, die derzeit die Schweiz mit 39,1% innehat, schon jetzt liegt Berlin damit weit vor dem deutschen Durchschnitt von 30,8%. Die Entwicklung steht jedoch noch ganz am Anfang: Die Open Access Strategie des Berliner Senats sieht vor, bis 2020 mindestens 60% aller Forschungsergebnisse der Berliner Universitäten frei zugänglich zu machen.

Open Access: Worum geht’s?

Doch was genau steckt eigentlich hinter Open Access?

Der Grundgedanke der Open Access Bewegung ist einleuchtend: Wissenschaftliche Publikationen und Forschungsergebnisse sollen der Öffentlichkeit kostenlos im Internet zugänglich gemacht werden. Durch Umstellung auf Modelle, in denen der Staat die Publikationskosten trägt und den Zugriff kostenfrei ermöglicht, soll einerseits die Qualität der Veröffentlichungen und der Journale gesteigert werden, andererseits das Wissen und das Kulturerbe der Menschheit demokratisiert und die Bedingungen für Bildung und Forschung verbessert werden.

Mit der Berliner Erklärung von 2003 hat sich die Hauptstadt diesem Ziel verschrieben und die Bestrebungen in einen festen Rahmen gegossen, der einen produktiven Übergang der wissenschaftlichen Veröffentlichungen in Open Access Modelle ermöglichen soll. Mittlerweile haben über 600 Institutionen aus aller Welt die Erklärung unterzeichnet.

Was zeichnet Berlin aus?

Um das Unterfangen mit Tatkraft voran zu bringen, wurde das Open Access Büro Berlin (OABB) ins Leben gerufen, welches 2016 seine Arbeit aufgenommen hat und in dieser Form einmalig ist. Es fungiert als Vernetzer der Berliner Institutionen und vermittelt wichtige Open Access Expertise für den Aufbau von Kooperationen und dahinterliegenden Strukturen. Dies geschieht vor allem durch Workshops und Arbeitsgruppen, in denen sich die Verantwortlichen der verschiedenen Hochschulen austauschen und zusammenschließen. Darüber hinaus können Interessierte im Oktober an der jährlich stattfindenden und vom OABB veranstalteten International Open Access Week teilnehmen.

In den letzten Jahren hat sich, mit Hilfe des OABB, einiges in Berlin getan. 

Insgesamt haben sich mittlerweile 14 Einrichtungen Open Access-Beauftragte, vor 2015 waren es noch nur 2. 4 Hochschulen, das Landesarchiv und der Kooperative Bibliotheksverband Berlin-Brandenburghaben eine Open Access Policy verabschiedet, die Charité und viele weitere Hochschulen entwickeln derzeit eigene Policies, die bald in Kraft treten werden. Vor 2015 hatten nur 2 Universitäten eine entsprechende Policy.

Für einen detaillierten Einblick in die Entwicklung der Open Access Bestrebungen in Berlin sorgt der kürzlich veröffentlichte Erfolgsbericht 2015-2018 des OABB.

Die Open Science Conference

Die größte Veranstaltung in Berlin zum Thema Open Science - und damit auch für alle Open Access Themen -  ist die International Open Science Conference des Leibniz-Forschungsverbundes Science 2.0. Sie bietet ein einzigartiges Forum für Forschende, Bibliothekar*innen, Praktiker*innen, Infrastrukturanbieter, Entscheidungsträger*innen aus Politik und Wissenschaft, Verlage und andere wichtige Interessengruppen, um die neuesten und zukünftigen Entwicklungen im Umfeld von Open Access und Open Science zu erfahren und zu diskutieren. Dazu sind Speaker aus aller Welt eingeladen. Sie fand dieses Jahr am 19.-20. März statt, am 18. März wurde das zugehörige Open Science Barcamp durchgeführt.

Das Start Up Morressier

Doch auch in der Wirtschaft werden die neuen Bestrebungen konstruktiv aufgenommen, junge Unternehmen sehen den Wandel der wissenschaftlichen Publikationswelt als Chance: Das Berliner Start-Up Morressier setzt an der Verbesserung der Early Stage Forschung an, indem es auf ihrer Plattform die Vortrags-Präsentationen, Poster und Metadaten, die auf akademischen Konferenzen präsentiert werden, digitalisiert und damit frühe Forschungsstände einem weiteren Kreis zugänglich macht, bevor die Endergebnisse veröffentlicht werden. Dadurch erfahren Forschende, wenn zum Beispiel ein anderes Team irgendwo auf der Welt am gleichen Thema arbeitet oder ihre Forschung auf veralteten Daten fußt. Die junge Firma aus Berlin ist die erste in dem Gebiet, diese Meet Ups digital erfahrbar zu machen. Sie holen damit die Diskussionen aus den Konferenzen und halten sie das ganze Jahr über am Leben. Ihre Plattform zählt mittlerweile über 200,000 Präsentationen, Abstracts und Poster und wird von über 180,000 Wissenschaftler*innen und über 350 Wissenschaftstagungen genutzt, darunter die International Diabetes Federation, European Congress of Psychiatry und die International Conference on Advanced Technologies & Treatments for Diabetes in Berlin.